Dienste höherer Art: Kündigung nach § 627 Abs. 1 BGB bei einem Dienstverhältnis

Der (III ZR 193/16) konnte sich zur Kündigung eines Vertrags nach § 627 Abs. 1 BGB äussern, die bisherige Rechtsprechung zusammenfassen und klarstellen, dass es nicht ausschlaggebend ist, ob eine besonders qualifizierte Berufsausbildung bei dem Dienstleistenden vorliegt:

Nach § 627 Abs. 1 BGB ist bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 BGB ist, die Kündigung auch ohne die in § 626 BGB bezeichnete Voraussetzung zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrau- ens übertragen zu werden pflegen.

Dienste höherer Art können solche sein, die besondere Fachkenntnis, Kunstfertigkeit oder wissenschaftliche Bildung voraussetzen oder die den persönlichen Lebensbereich betreffen (Senat, Urteil vom 13. November 2014 – III ZR 101/14, BGHZ 203, 180 Rn. 12 [selbständige Betriebsärztin]; vgl. auch Senat, Urteile vom 22. September 2011 – III ZR 95/11, NJW 2011, 3575 Rn. 9 [Wirtschaftsprüfer]; vom 9. Juni 2011 – III ZR 203/10, BGHZ 190, 80 Rn. 17 f [ambulanter Pflegedienst]; vom 8. Oktober 2009 – III ZR 93/09, NJW 2010, 150 Rn. 19 und vom 5. November 1998 – III ZR 226/97, NJW 1999, 276, 277 sowie BGH, Urteil vom 1. Februar 1989 – IVa ZR 354/87, BGHZ 106, 341, 346 und vom 24. Juni 1987 – IVa ZR 99/86, NJW 1987, 2808 [Ehe- bzw. Partnerschafts- anbahnungsdienstverträge]. (…)

Es ist nicht Voraussetzung der Qualifizierung einer geschuldeten Dienstleistung als Dienst höherer Art, dass der Dienstverpflichtete oder die von ihm zur Ausführung herangezogenen Personen eine staatlich geregelte Ausbildung absolviert haben oder der Schweigepflicht unterliegen. Entscheidend ist vielmehr die Art der angebotenen Dienste. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem von der Revision zitierten Urteil des Senats vom 9. Juni 2011 (III ZR 203/10, BGHZ 190, 80). Der Senat hat in dieser Entscheidung das Vorliegen einer staatlich geregelten Ausbildung sowie das Bestehen einer Schweigepflicht als indizielle Bestätigung der besonderen Vertrauensstellung des Dienstverpflichteten, nicht aber als Voraussetzung für die Qualifizierung als Dienst höherer Art oder für das zusätzliche erforderliche besondere Vertrauensverhältnis angesehen.


Dies konnte auch das Oberlandesgericht Hamm (24 U 105/16) im Jahr 2017 nochmals zusammenfassen und klar stellen, dass Dienste höherer Art unabhängig von der Qualifikation des Leistenden vorliegen können:

Es liegen auch Dienste höherer Art vor. Die von der Klägerin in dem einheitlich zu beurteilenden Vertragsverhältnis zugesagten Dienste setzen eine besondere fachliche Qualifikation voraus. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob eine akademische Ausbildung, die etwa der eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers bzw. eines entsprechend qualifizierten Unternehmensberaters entspricht, für die Dienstleistung erforderlich ist. Es reichen vielmehr besondere fachliche Kenntnisse aus (BGH, Urteil vom 10. November 2016 – III ZR 193/16 –, juris), wobei es gleichgültig ist, wie diese Kenntnisse erlangt worden sind. Für die Beurteilung der erforderlichen Qualifikation kommt es auf die nach dem Vertrag geschuldete ordnungsgemäße Leistungserbringung an (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21.09.2016, 17 U 112/16). Es ist also darauf abzustellen, welche Fachkunde für eine mangelfreie Erbringung der nach dem Vertragsinhalt geschuldeten Leistung erforderlich war. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, welche berufliche Qualifikation die von der Klägerin beschäftigten Berater und sonstigen für die Erfüllung der Aufgaben gegenüber der Beklagten eingesetzten Personen hatten. Deshalb nutzt es der Klägerin wenig, darauf abzustellen, dass die (freien) Mitarbeiter und sogar die der Klägerin lediglich auf gesammelte Erfahrungen im Hotel- und Gaststättengewerbe zurückgreifen konnten. Insoweit ist es eher befremdlich, dass die Klägerin nicht davor zurückgeschreckt, eine (angeblich fehlende) Qualifikation ihrer Geschäftsführer damit zu begründen, es habe sich bei diesen Personen mit offensichtlich maßgeblichem Einfluss auf die Inhalte des Leistungsangebots der Klägerin um einen gelernten Maschinenbauschlosser bzw. einen Drucker gehandelt. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf zurückziehen, dass sie lediglich einfachste Analysen durchgeführt habe, für die Erfahrungen im Bereich des Hotel-und Gaststättengewerbes allenfalls förderlich, aber wohl nicht zwingend erforderlich gewesen seien.

Für die Art und erforderliche Qualifikation der geschuldeten Leistung ist nämlich darauf abzustellen, wie sich der geschuldete Leistungsinhalt nach den von der Klägerin im Rahmen der Vertragsanbahnung hervorgerufenen Erwartungen bei ihren Kunden, insbesondere der Beklagten, darstellte. Denn diese Inhaltsbeschreibungen sind Vertragsgegenstand geworden, so dass sich die Klägerin daran ebenso wie für die Vertragsdurchführung auch im Rahmen der Vertragsbeendigung nach § 627 BGB messen lassen muss.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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