Vorzeitige Beendigung von eBay-Auktion auch bei Beschädigung der Kaufsache vor Auktions-Beginn!

Immer wieder wegen bei eBay so genannte „eBay-Auktionen“ vorzeitig beendet. Dabei muss man wissen, dass bei einer vorzeitig beendeten „eBay-Auktion“ ohne wichtigen Grund der zu diesem Zeitpunkt Höchstbietende Vertragspartner ist und einen Anspruch auf Erfüllung hat. Am Ende drohen mitunter hohe Schadensersatzzahlungen. Der Artikel gibt eine Übersicht zur Thematik und stellt klar, wie vorsichtig man sein muss.

Man kann es regelrecht als ruinöses Desaster bezeichnen: Auf der einen Seite gestehen immer mehr Gerichte bei einer vorzeitig (ohne sachlichen Grund) beendeten -Auktion einen Erfüllungs- und Schadensersatzanspruch für den Höchstbietenden zu – auf der anderen Seite werden weiterhin gnadenlos ebay-Auktionen nach Gutdünken durch Anbieter beendet.

Selbst diejenigen, die um die Problematik wissen, versuchen mit höchst zweifelhaften Methoden dennoch, Auktionen irgendwie zu beenden – zweifelhafte AGB stehen dabei besonders hoch im Kurs. Dabei zeigen aktuelle gerichtliche Entscheidungen wieder einmal, dass eine vorzeitige Beendigung einer eBay-Auktion in höchstem Maße problematisch sein kann.

Entscheidung des Landgerichts Bonn

Das Landgericht Bonn (18 O 314/11) hat am 05.06.2012 entschieden, dass im Fall einer vorzeitig beendeten Auktion dem zum Zeitpunkt der Auktion Höchstbietenden kein Anspruch auf Erfüllung bzw. Schadensersatz zustand. Das Besondere dabei: Der Anbieter hatte einen PKW eingestellt und erst nach bemerkt, dass der PKW beschädigt war. Nun steht bei eBay zum Thema Beschädigung der Kaufsache u.a. Folgendes in den AGB/FAQ:

[…] Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikel zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen. […]
Gründe für die vorzeitige Beendigung eines Angebots […]
Der Artikel ist verloren gegangen, beschädigt oder anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar. […]

Nun begab es sich so, dass der PKW bereits vor Einstellen auf eBay beschädigt war (Nachlackierter Hagelschaden) und der jetzige Eigentümer und Verkäufer das glaubhaft erst nach der Einstellung bei eBay bemerkt hat. Der enttäuschte Höchstbietende vertrat nachvollziehbar die Auffassung, dass die Hinweise von eBay dahingehend verstanden werden müssen, dass lediglich eine nachträgliche Beschädigung des Artikels, d.h. eine nach der Angebotseinstellung eingetretene Beschädigung, zu einer vorzeitigen Beendigung des Angebots berechtigt.

Das Landgericht erläutert an Hand der sonstigen eBay-Texte, dass im Gesamtbild keinesfalls eine derartig enge Auslegung der eBay-AGB geboten ist. Vielmehr ist in den eBay-Texten durchgehend die Rede davon, dass man eine Auktion beenden soll, wenn das Problem überhaupt erst bekannt wird – insofern will das Landgericht die subjektive Sicht einer objektiven vorziehen.

Damit sieht das Landgericht im Ergebnis die Berechtigung, eine eBay-Auktion bei einem vorzeitig zu beenden, egal ob der Sachmangel vor oder nach Auktionsbeginn aufgetreten ist – solange der Verkäufer (nachweisbar!) erst nach Auktionsbeginn Kenntnis von dem Mangel erlangte. Das Landgericht betont an dieser Stelle, dass einen privaten Verkäufer nicht die Pflicht trifft, das den Kaufgegenstand vor Angebotseinstellung zu untersuchen!

Rechtslage: Bei unbegründeter vorzeitiger Beendigung einer eBay-Auktion ist Höchstbietender Vertragspartner!

Vertragsrechtlich ist das zwingend und somit auch wenig überraschend gängige Rechtsprechung: Es gibt einige wenige Gründe, eine eBay-Auktion vorzeitig zu beenden. Auf keinen Fall gehört dazu das wirtschaftliche Interesse, den Artikel zu einem besseren Preis verkaufen zu können! Wenn der Artikel beschädigt ist oder verloren ging (wozu in jedem Fall der gehört), sind das in jedem Fall berechtigte Gründe. Eine kleine Entscheidungsübersicht:

Exkurs: Wann kommt der Vertrag zu Stande?

Immer noch umstritten aber m.E. inzwischen wenig praxisrelevant ist die Frage, wann genau der Vertrag zu Stande kommt. Teile der Rechtsprechung sehen den Vertragsschluss bereits bei Abgabe des Angebots, etwa das OLG Hamm (4 U 145/11, ebenso Landgericht Detmold, 10 S 163/11 und LG Dortmund, 20 O 19/11), ich hatte die Entscheidung diesbezüglich hier ausführlich analysiert.

Ich finde diese Auffassung rechtlich nicht haltbar: Zum einen ist das mit den eBay-AGB nicht vereinbar, die dem Wortlaut nach ausdrücklich auf das Auktionsende abstellen in §10 der AGB:

„Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikel zustande […]“

Die Rechtsprechung versucht sich an dem Punkt damit zu behelfen, dass auf eine Entscheidung des BGH verwiesen wird, aus der ein solcher Zeitpunkt herausgelesen wird. Warum auch das nicht überzeugt und m.E. eine Fehlinterpretation vorliegt, habe ich hier sehr ausführlich dargelegt.

AGB: „Ich darf aber….“

Man sieht ja immer wieder fragwürdige AGB. In diesem Themen-Umfeld begegnet mir immer häufiger der Versuch, eine vorzeitige Beendigung folgenlos zu gestalten durch Konstrukte wie „Ich darf die Auktion jederzeit beenden, ohne dass der zu diesem Zeitpunkt Höchstbietende irgendwelche Ansprüche daraus herleiten kann“. Ich mache es kurz: Vergessen Sie es.

Zur Berechnung des Schadensersatzes

Einen sofortigen fiktiven Erfüllungsschaden wird man m.E. in solchen Fällen nicht durchgesetzt bekommen! Vielmehr funktioniert es immer wie folgt:

  1. Unter Fristsetzung Erfüllung verlangen
  2. Nach Fristende dann Schadensersatz verlangen, wobei die Höhe in der Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem tatsächlichen Gebot bestehen kann (dazu nur Landgericht Detmold, 10 S 163/11) oder eben in der Differenz zwischen dem Höchstgebot und dem tatsächlich gezahlten Preis zur Beschaffung einer gleichwertigen Kaufsache bei einem anderen Verkäufer.

Wichtig ist, dass man ohne Erfüllungsverlangen (das man notfalls auch bedienen können muss!) nicht zu einem Schadensersatz kommen wird! Hinzu kommt das enorme Problem, als Laie bewerten zu können, ob der genannte Beendigungsgrund (samt angebotenem Beweis) Gerichtsfest ist. Andererseits ist aus der hiesigen Praxis zu berichten, dass der Großteil betroffener Verkäufer tatsächlich die Dummheit vorweist, offen und beweissicher mitzuteilen, dass man alleine aus wirtschaftlichem Interesse die Auktion beendet hat.

Fazit: eBay-Auktionen nur vorzeitig beenden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt!

Wer eine eBay-Auktion vorzeitig beenden möchte, sollte auf Nummer Sicher gehen – und das sprichwörtlich. Wenn nur ein leiser Zweifel besteht, ist das schnelle Einholen von Rechtsrat, gerade bei besonders wertvollen Artikeln, nicht nur wirtschaftlich klug sondern geradezu geboten. Das Problem ist natürlich, dass man auch andersrum aufpassen muss: Wer einen Sachmangel bemerkt und die Auktion einfach weiter laufen lässt, läuft Gefahr, hinterher über das Gewährleistungsrecht in Anspruch genommen zu werden. Die mitunter peinlich schlechten untauglichen Versuche von Verkäufern, durch AGB jegliche Gewährleistung auszuschliessen, unterziehe ich an dieser Stelle keiner Bewertung. Spätestens beim Verkauf von Kraftfahrzeugen kann nur dringend geraten werden, hier nicht einfach „irgendwas zu machen“.

 

Hinweis: Die Anwaltskanzlei Ferner vertritt mehrere Mandate rund um Rechtsfragen bei eBay – u.a. auch wegen unberechtigt vorzeitig beendeter eBay-Auktionen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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