Ein Radfahrer muss auf dem Radweg auf Sicht fahren. Kann er den Streckenverlauf wegen Kurven und dichter Randbepflanzung nicht weit einsehen, muss er angesichts dieser örtlichen Verhältnisse seine Geschwindigkeit reduzieren. Er muss darüber hinaus stets mit Querverkehr rechnen.
Mit dieser Begründung wurde die Klage eines Rennradfahrers zurückgewiesen, der Schadenersatz wegen Körperverletzung und Beschädigung seines Fahrrads bei einem Unfall verlangt hatte. Er fuhr bei leichtem Regen auf seinem mit profillosen Reifen ausgestatteten Rennrad einen kurvigen Radweg. Dieser Radweg wurde an einer schlecht einsehbaren Kreuzung von einer Gruppe joggender Polizeibeamter gekreuzt. Als der Radfahrer mit einer Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h um die Kurve kam und die Jogger sah, leitete er sofort eine Vollbremsung ein. Dabei geriet er ins Straucheln, stürzte mit seinem Rad um und erfasste einen der Jogger. Er begründete seinen Schadenersatzanspruch damit, dass die Jogger sein Vorfahrtsrechts verletzt hätten.
Das Oberlandesgericht (OLG) Celle beurteilte dies anders. Es sah das alleinige Verschulden für den Zusammenstoß bei dem Rennradfahrer. Das OLG führte aus, dass dieser angesichts der örtlichen Verhältnisse, der Witterung und seiner Ausstattung viel zu schnell gefahren war. Er konnte den Streckenverlauf wegen Kurven und dichter Randbepflanzung nicht weit einsehen. Darüber hinaus hätte er wegen der Kreuzung des Radwegs mit dem Gehweg mit Querverkehr rechnen müssen. Dies galt umso mehr, da in der Mittagszeit von einem regen Fußgänger- und Radfahrerverkehr auszugehen war. Zudem hätte die profillose Bereifung des Rennrads bei leichtem Regen den Rennradfahrer zu weiterer Vorsicht anhalten müssen. Das OLG befand, dass der Radfahrer seine sportlichen Interessen rücksichtslos über die Belange anderer Verkehrsteilnehmer gestellt hatte, indem er den Radweg mit hoher Geschwindigkeit in der Erwartung befahren hatte, er werde nicht behindert. Hinzu trat, dass sich an seinem Fahrrad keine Klingel befand und er somit nicht vorwarnen konnte (OLG Celle, 14 U 53/02).
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