Der Bundesgerichtshof (IV ZR 225/10) hat festgestellt, dass auch im Falle der Unzurechnungsfähigkeit eines verunfallten Versicherten die Leistung durch den Versicherer auf Null gekürzt werden kann. Dazu werden laut Pressemitteilung des BGH augenscheinlich die Regeln der so genannten „actio libera in causa“ angewendet:
Sollte eine Unzurechnungsfähigkeit des Klägers im Zeitpunkt des Unfalls vorgelegen haben, so kann der Vorwurf der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles allerdings auch an ein zeitlich früheres Verhalten anknüpfen. Das ist der Fall, wenn der Versicherungsnehmer vor Trinkbeginn oder in einem Zeitpunkt, als er noch schuldfähig war, erkannt oder grob fahrlässig nicht erkannt hat, dass er im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit einen Versicherungsfall herbeiführen wird. Hierfür ist maßgeblich, ob und welche Vorkehrungen der Kläger, der mit dem PKW unterwegs war und beabsichtigte, Alkohol zu trinken, getroffen hatte, um zu verhindern, dass er die Fahrt in alkoholisiertem Zustand antreten oder fortsetzen wird.
Es bleibt damit die bange Frage: Wie sieht mit dieser Entscheidung des BGH das Trinken in Zukunft aus? Wo liegt die Schwelle dessen, was man an Vorsorge leisten muss, wenn man etwas trinken möchte? Darf man zukünftig noch mit dem Auto in die Stadt fahren und den Autoschlüssel bei sich behalten, wenn man zu trinken beginnt und vor hat, mit dem Taxi zurück zu fahren? Eine Antwort wird erst möglich sein, wenn die Urteilsgründe vorliegen. Es steht jedenfalls nicht zu befürchten, dass der BGH vollkommen lebensfremd geurteilt hat – allerdings wird man wohl dennoch Konsequenzen ziehen müssen. Es wird bei uns zeitnah nach Erscheinen der Entscheidungsgründe berichtet.
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