Gestellter Unfall: Indizien im Prozess

Hin und wieder wird versucht, durch einen manipulierten, also gestellten, Verkehrsunfall Zahlungen von der Versicherung zu erhalten. Vor Gericht kommt das nicht durch, denn auch wenn keine Beweise für eine Manipulation vorliegen, so arbeiten die Gerichte mit immer wieder gleichen Indizien – und verweigern die Zusprache eines Zahlungsanspruchs. Das Landgericht Duisburg demonstriert, wie das funktioniert.

Anhand einer Entscheidung des OLG Celle (OLG Celle, 14 W 28/11, hier besprochen) hatte ich bereits erläutert, wie bei Gericht von Indizien ausgehend auf einen gestellten Unfall geschlossen wird. Auch das Landgericht Duisburg (13 O 58/10) hat sich mit dieser Frage noch einmal beschäftigt und einen Kriterienkatalog formuliert:

  1. Unfallhergang erscheint dem Gericht nicht plausibel, hierzu gehören insbesondere Widersprüchliche Erklärungen, etwa bei Unfallaufnahme und im späteren Verfahren
  2. Bei dem Unfall hat ein Beteiligter die Alleinschuld
  3. Keine unbeteiligten Zeugen vorhanden
  4. Pauschale Unfalldarstellung in Klageschrift, zu wenig Details zum Unfallhergang
  5. Ein besonders hochwertiges KFZ auf der einen, ein besonders niedrigwertiges oder ein Mietwagen auf der anderen Seite. Das hochwertige KFZ ist der Kläger.
  6. Auffälliger Parteiwechsel während (Übersetzt: Zuerst war oder soll A Eigentümer und damit Kläger gewesen sein, hinterher ist es dann B)
  7. Auf beiden Seiten keine geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse, wobei besonders aufstößt, dass das hochpreisige KFZ von einem Arbeitslosen im Barkauf kurz vor dem Unfall erstanden wurde. Ich hatte in der Besprechung des OLG Celle bereits darauf verwiesen, dass die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung genauso durchschlagen kann, dies insbesondere, wenn hier falsche Angaben gemacht wurden!
  8. Vorschäden am Kläger-KFZ di einen ähnlichen Unfall in der Vergangenheit nahelegen.
  9. Das Mietfahrzeug wurde zur Möbelabholung angemietet – typische Konstellation bei gestellten Unfällen.
  10. Fiktive Schadensabrechnung trotz angeblicher Reparatur.
  11. Reparatur in sehr engem zeitlichem Rahmen zum Unfall vorgenommen – Grund kann hierbei sein, eine neutrale Begutachtung zu verhindern.
  12. Kläger meldete früher einmal ein KFZ als gestohlen, liess die Angelegenheit aber auf sich Beruhen, als das KFZ wieder gefunden wurde.
  13. Leugnen einer Bekanntschaft der Unfallbeteiligten, die für das Gericht aber naheliegend ist auf Grund der Beweisaufnahme.

Wer das nun liest, wird viele Punkte erkennen, die nichts besonderes sind: Natürlich kommen auch Unfälle mit einem Fahrzeug vor, das zur Möbelabholung angemietet wurde (9). Natürlich kennen sich manchmal Unfallbeteiligte (13) und natürlich können auch Menschen ohne derzeit hohes Einkommen ein teures Auto fahren (7). Es ist das Gesamtbild, dass das Gericht hier von einer Manipulation ausgehen lässt – und die Erkenntnis für angehende Betrüger ist weniger, welche Indizien man konkret vermeiden muss. Vielmehr muss erkannt werden, welche Details im Rahmen einer solch alltäglichen Klage vom Gericht zusammengesucht und gewertet werden. Nicht unterschätzen sollte man auch die Versicherungen, die häufig selbst akribisch arbeiten und das Gericht gerne auf eidesstattliche Versicherungen („Offenbarungseid“) im Vorfeld hinweisen. Letztlich vermag es eine Sache auf den Punkt zu bringen: So schlau man sich auch selbst halten mag bei diesem Thema – aus irgendeinem Grund sind alle immer gleich schlau, so dass sich tatsächlich feste ergeben, die man immer wieder findet.

Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)

Rechtsanwalt Dieter Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht und Anwalt in der Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf. Spezialgebiete von RA DF: Verkehrsstrafrecht, Kapitalstrafsachen, Drogendelikte, Sexualstrafrecht und Arbeitsstrafrecht.

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