Das AG Berlin-Mitte (112 C 3022/09) verhandelte einen gar nicht so häufigen Fall: Ein betrunkener Fußgänger missachtete die für ihn geltende Ampel, was zu einem Unfall führte:
[…] unstreitig betrat der Beklagte die Fußgängerfurt bei für Fußgänger rotem Ampellicht, wodurch das erste von links herannahende Fahrzeug, der Pkw des Zeugen R, bis zum Stillstand abbremsen musste. Desgleichen musste das klägerische Fahrzeug abbremsen und fuhr auf das Heck des Pkw des Zeugen R auf.
Auch wenn der Fußgänger selbst alkoholisiert war (2,15 Promille wurden nach dem Unfall gemessen), spielte dies keine (offensichtliche) Rolle bei der Urteilsfindung. Vielmehr wird auf die allgemeine – und von Erwachsenen so gut wie nie eingehaltene – Pflicht abgestellt, Abstand zu halten beim Warten:
Soweit der Beklagte behauptet, er sei gestolpert und habe nur um sein Stürzen zu verhindern die Straße betreten, entlastet ihn diese bestrittene Behauptung nicht. Es obliegt der Sorgfalt des Fußgängers derart weit vom Fahrbahnrand zu warten, dass er auch innerhalb einer möglicherweise drängelnden Menschengruppe nicht auf die Straße geschoben wird oder stolpert.
Im Ergebnis heißt das: Auch Fußgänger können, selbst bei „alltäglichen Regelverstößen“, für einen Unfall verantwortlich gemacht und zum Schadensersatz herangezogen werden. Das ist eine juristische Selbstverständlichkeit, aber nur selten wirklich bewusst. Speziell das, was man seinen Kindern beibringt (Abstand zur Straße beim Warten; Nicht „bei Rot“ gehen), sollte man durchaus auch als Erwachsener beherzigen.
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