Wer bei Grünlicht auf der Geradeaus-Fahrspur in eine Kreuzung fährt und dort auf die durch Rotlicht gesperrte Abbiegespur wechselt, begeht objektiv einen Rotlichtverstoß. Bei unklarer Verkehrsführung kann aber ein so genanntes „Augenblicksversagen“ in Betracht kommen, das das Fehlverhalten entschuldigt.
In dem zu Grunde liegenden Fall hatte ein Motorradfahrer auf der Fahrspur für den Geradeausverkehr bei „Rot“ angehalten. Nachdem die Ampel auf „Grün“ umschaltete, fuhr er an und wechselte nach dem Überfahren der Haltelinie auf die Linksabbiegerspur. Zu diesem Zeitpunkt war die nur für den Linksabbiegerverkehr geltende Ampel jedoch weiterhin noch „Rot“.
Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden beurteilte dies als klaren Rotlichtverstoß. Das OLG stellte jedoch auch klar, dass dieser Verstoß vom Motorradfahrer verschuldet sein muss. Wegen der komplizierten Verkehrsführung an der Kreuzung muss aber noch geklärt werden, ob dem Motorradfahrer der Verkehrsverstoß überhaupt bewusst war. Hat er die schwer zu erfassende Verkehrsführung nicht richtig eingeordnet, kann von einem „Augenblicksversagen“ ausgegangen werden. In diesem Fall kann der Verkehrsverstoß straffrei bleiben. Das OLG hat den Fall daher zur Aufklärung an das Landgericht zurückverwiesen (OLG Dresden, Beschluss vom 3.4.2002).
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