Die Verfassungsbeschwerde betrifft § 53 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes
(UrhG). Zulässig sind danach einzelne Vervielfältigungen eines Werkes
durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen
Trägern, sofern sie nicht Erwerbszwecken dienen. Die Beschwerdeführer,
Unternehmen der Musikindustrie, müssen es aufgrund dieser Norm
hinnehmen, dass private Digitalkopien der von ihnen auf den Markt
gebrachten Tonträger grundsätzlich zulässig sind. Dies hat aufgrund der
rasanten technischen Entwicklung in diesem Bereich erhebliche
Absatzrückgänge zur Folge. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die
Beschwerdeführer, § 53 Abs. 1 UrhG sei mit dem Eigentumsgrundrecht aus
Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit er digitale Privatkopien ohne
hinreichende Einschränkungen für zulässig erkläre.
Die 3. Kammer des Erstens Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die im Dezember
2008 beim Bundesverfassungsgericht eingegangene Verfassungsbeschwerde
ist unzulässig, weil sie nicht fristgerecht erhoben worden ist. Richtet
sich eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz, so kann sie gemäß § 93
Abs. 3 BVerfGG nur binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des
Gesetzes erhoben werden. Diese aus Gründen der Rechtssicherheit eng
auszulegende Ausschlussfrist beginnt bei Erhebung einer
Verfassungsbeschwerde gegen eine unverändert gebliebene Norm nicht
deshalb neu, weil der Gesetzgeber die Bestimmung gelegentlich der
Änderung anderer Bestimmungen desselben Gesetzes erneut in seinen Willen
aufgenommen hat. Bleibt die angegriffene Norm inhaltlich unverändert
oder wird sie rein redaktionell angepasst, setzt kein neuer Fristlauf
ein.
Die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG begann hier nicht deshalb neu zu
laufen, weil § 53 Abs. 1 UrhG durch das am 1. Januar 2008 in Kraft
getretene Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der
Informationsgesellschaft vom 26. Oktober 2007 geändert worden ist. Denn
der Gesetzgeber hat dabei die in Rede stehende Zulässigkeit digitaler
Privatkopien unberührt gelassen. Die gesetzgeberische Klarstellung, dass
auch digitale Vervielfältigungen erlaubt sein sollen, war bereits im
Jahr 2003 erfolgt. Legt man die Argumentation der Beschwerdeführer
zugrunde, hätte der Gesetzgeber schon damals berücksichtigen müssen,
dass durch § 53 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit der zunehmenden
Verbreitung der digitalen Privatkopie ein Eingriff in das durch Art. 14
Abs. 1 GG garantierte Verwertungsrecht der Tonträgerhersteller bewirkt
werde. Entsprechende Daten über kopierbedingte Umsatzrückgänge der
Tonträgerhersteller lagen bereits vor und waren Gegenstand intensiver
rechtspolitischer Diskussion unter Beteiligung der Musikindustrie.
Es bedurfte keiner Entscheidung, ob die von den Beschwerdeführern
beklagte enteignende Wirkung von § 53 Abs. 1 UrhG angesichts einer immer
stärkeren Verbreitung privater Digitalkopien bei einer etwaigen
zukünftigen Urheberrechtsnovelle den Gesetzgeber dazu zwingt, die
private Digitalkopie einzugrenzen oder – im Rahmen seines weiten
Gestaltungsraums – sonstige Maßnahmen zu ergreifen, um das
Eigentumsrecht der Tonträgerhersteller nicht zu entwerten.
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