USA: Keine Sanktionen gegen Kryptowährungs-Mixer

Am 26. November 2024 fällte das fünfte Berufungsgericht der Vereinigten Staaten ein bedeutsames Urteil in einem Fall, der die Grenzen der staatlichen Kontrolle über Kryptowährungen und offene Technologien untersucht: Van Loon v. Department of the Treasury.

Im Kern stand die Frage, ob das US-Finanzministerium (OFAC) die Befugnis hatte, Tornado Cash, ein Open-Source-Softwareprojekt für kryptografische Transaktionen, zu sanktionieren. Das Gericht entschied, dass die Sanktionierung von Tornado Cash durch OFAC die gesetzlichen Befugnisse überschritten hat.

Hintergrund: Was ist Tornado Cash?

Tornado Cash ist ein dezentralisiertes Open-Source-Softwareprojekt, das sogenannte „Krypto-Mixer“ bereitstellt. Diese Technologie ermöglicht es, Kryptowährungstransaktionen zu anonymisieren, indem sie die Verbindung zwischen Einzahlungs- und Auszahlungsadressen auf der trennt. Durch diese Anonymisierung wird die Privatsphäre der Nutzer geschützt, aber auch die Rückverfolgbarkeit von Kryptowährungen erheblich erschwert.

Im Jahr 2022 fügte OFAC Tornado Cash zur Liste der „Specially Designated Nationals“ (SDN) hinzu. Die Behörde argumentierte, dass die Plattform von nordkoreanischen Hackergruppen genutzt wurde, um Gelder aus Cyberkriminalität zu waschen. Dies führte dazu, dass jegliche Interaktion mit Tornado Cash „Eigentum“ für US-Personen verboten wurde.

Das zentrale Problem: Kann Open-Source-Software sanktioniert werden?

Die Kläger, sechs Nutzer von Tornado Cash, argumentierten, dass die Sanktionierung gegen die International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) verstoße, da die „immuten Smart Contracts“ von Tornado Cash nicht als „Eigentum“ im rechtlichen Sinne betrachtet werden können. Diese Verträge sind:

  • Unveränderlich: Einmal auf der -Blockchain hochgeladen, können sie nicht bearbeitet, gelöscht oder kontrolliert werden.
  • Open-Source: Jeder kann sie nutzen, ohne dass eine zentrale Entität Kontrolle darüber ausübt.

Das Gericht gab den Klägern recht und entschied, dass die immutabelen Smart Contracts keine „Eigentümer“ haben und daher nicht als „Eigentum“ im Sinne der IEEPA definiert werden können.


Eigentum und Kontrollverlust

Das Gericht betonte, dass der Begriff „Eigentum“ im gewöhnlichen Sinne die Möglichkeit voraussetzt, etwas zu besitzen oder zu kontrollieren. Da niemand die Smart Contracts kontrollieren oder ändern kann, erfüllen sie nicht die grundlegenden Anforderungen an Eigentum. Weiterhin wurde festgestellt:

  1. Keine Eigentümerschaft: Die Entwickler von Tornado Cash haben jede Kontrolle über die Smart Contracts aufgegeben, als sie diese unveränderlich machten.
  2. Keine vertragliche Grundlage: Ein ist keine rechtliche Vereinbarung zwischen Parteien, sondern ein automatisiertes Programm, das ohne menschliches Eingreifen funktioniert.
  3. Keine Dienstleistungen: Die Smart Contracts bieten keine Dienstleistungen im traditionellen Sinne, da sie lediglich als Werkzeug fungieren, das von Nutzern genutzt wird.

Implikationen des Urteils

Das Urteil dürfte weitreichende Konsequenzen für die Regulierung von Kryptowährungen und die rechtliche Behandlung von Open-Source-Technologien haben – über die USA hinaus. Es unterstreicht:

  • Grenzen der Sanktionen: Staatliche Stellen können Open-Source-Technologien nicht wie traditionelle Vermögenswerte oder Unternehmen behandeln, wenn diese Technologien keinen klaren Eigentümer haben.
  • Bedeutung von Definitionen: Die Auslegung von Begriffen wie „Eigentum“ und „Dienstleistungen“ wird entscheidend für die Regulierung moderner Technologien sein.
  • Relevanz des Gesetzgebers: Das Gericht betonte, dass es Aufgabe des Gesetzgebers sei, bestehende Gesetze an die Herausforderungen moderner Technologien anzupassen.

Fazit

Das Urteil im Fall Van Loon v. Department of the Treasury markiert einen Wendepunkt in der rechtlichen Behandlung von Kryptowährungen und dezentralen Technologien. Es stellt klar, dass der Gesetzgeber gefordert ist, um klare Regeln für die Regulierung solcher Technologien zu schaffen, ohne deren innovatives Potenzial zu gefährden. Gleichzeitig zeigt es, dass die Macht staatlicher Institutionen Grenzen hat, insbesondere wenn es um die Regulierung von Technologien geht, die keinen traditionellen Eigentümer haben.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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