Urheberrecht: Zur Zulässigkeit einer Parodie

Der EUGH (C-201/13) hat sich zur Zulässigkeit einer Parodie eines urheberrechtlich geschützten Werkes geäußert. Eine solche Parodie ist mit der EU-Urheberrechtsrichtlinie ( 2001/29/EG) dahingehend privilegiert, dass die Richtlinie vorsieht, dass die einzelnen Staaten eine grundsätzliche Zulässigkeit der Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Werke sim Zuge eine Karikatur oder Parodie erlauben können.

Zulässigkeit der Nutzung eines urheberrechtlichen Werkes für eine Parodie

Die Parodie ist im deutschen Urheberrecht ein Unterfall der freien Benutzung (§24 UrhG). Der BGH (I ZR 77/69) entwickelte hier schon früh eine entsprechende Rechtsprechung:

Bildet den Gegenstand einer Parodie ein unter Urheberschutz stehendes Werk, so darf die Parodie nur dann ohne Genehmigung des Urhebers des parodierten Werkes vervielfältigt und verbreitet werden, wenn sie ein selbständiges Werk darstellt, das in freier Benutzung des parodierten Werkes geschaffen worden ist. Ob und inwieweit urheberrechtlich geschützte Teile des parodierten Werkes unverändert oder mit unwesentlichen Änderungen in die Parodie übernommen werden dürfen, hängt u. a. davon ab, inwieweit die Entlehnung erforderlich ist, um die parodistische Wirkung zu erreichen.

Mit dem BGH kommt es dabei nicht darauf an, inwieweit man wertend fragen kann, ob eine unveränderte Übernahme unveränderter Bilder überhaupt erforderlich ist (BGH, I ZR 282/97). Auch kann alleine das Vorhandensein eine Vielzahl unveränderter Elemente nicht für sich ein Argument sein, um von einer unfreien Benutzung auszugehen (BGH, I ZR 117/00).

Der EUGH hat nunmehr festgestellt, dass der in der EU-Urheberrechtsrichtinie enthaltene Begriff „Parodie“ ein eigenständiger Begriff des Unionsrechts ist, der so zu verstehen ist

dass die wesentlichen Merkmale der Parodie darin bestehen, zum einen an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen. Der Begriff „Parodie“ im Sinne dieser Bestimmung hängt nicht von den Voraussetzungen ab, dass die Parodie einen eigenen ursprünglichen Charakter hat, der nicht nur darin besteht, gegenüber dem parodierten ursprünglichen Werk wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, dass sie vernünftigerweise einer anderen Person als dem Urheber des ursprünglichen Werkes zugeschrieben werden kann, dass sie das ursprüngliche Werk selbst betrifft oder dass sie das parodierte Werk angibt.

Grenzen der zulässigen Nutzung

Etwas kryptisch stellt der EUGH weiter fest, dass die Privilegierung der Parodie einem Interessenausgleich unterfällt:

Des Weiteren muss bei der Anwendung der Ausnahme für Parodien (…) ein angemessener Ausgleich zwischen zum einen den Interessen und Rechten der in den Art. 2 und 3 der Richtlinie genannten Personen auf der einen und der freien Meinungsäußerung des Nutzers eines geschützten Werkes, der sich auf die Ausnahme für Parodien (…) beruft, auf der anderen Seite gewahrt werden.

Im vorliegenden Fall geht es darum, dass die Parodie des urheberrechtlich geschützten Werkes genutzt wurde, um eine diskriminierende Aussage zu transportieren, die dem Werk zuvor nicht immanent war (Rn. 28,29):

Hinsichtlich des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreits ist daher darauf hinzuweisen, dass (…) die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zeichnung aufgrund dessen, dass darin die Figuren, die im ursprünglichen Werk die ausgestreuten Münzen aufsammelten, durch verschleierte und farbige Personen ersetzt worden seien, eine diskriminierende Aussage vermittele, die bewirke, dass das geschützte Werk mit einer solchen Aussage in Verbindung gebracht werde.

Sollte dies tatsächlich der Fall sein, was das vorlegende Gericht zu beurteilen hat, ist auf die Bedeutung des Verbots der aufgrund der Rasse, der Hautfarbe oder der ethnischen Herkunft hinzuweisen, wie es durch die Richtlinie (…) konkretisiert und insbesondere in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bestätigt worden ist.

Ich denke, dieser Abschnitt ist so zu verstehen, dass eine Parodie dann nicht hinzunehmen ist, wenn

  • durch die Parodie das urheberrechtlich geschützte Werk für eine diskriminierende Aussage genutzt wird,
  • die bisher nicht Teil dieses Werkes war und
  • durch die Parodie das urheberrechtlich geschützte Werk mit dieser diskriminierenden Aussage in Verbindung gebracht wird.

Nicht aber geht es darum, dass durch die Parodie das Werk an sich diskriminiert wird. Es kann also nicht die Parodie eines urheberrechtlich geschützten Werkes dadurch verhindert werden, dass der Urheber sein Werk durch die Parodie diskriminiert sieht.

Dies ergibt sich auch immanent aus der Interessenabwägung des EUGH. Dieser führt u.a. aus

Hinsichtlich des Zieles von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 ist auf die mit dieser Richtlinie allgemein verfolgten Ziele hinzuweisen, zu denen – wie aus ihrem dritten Erwägungsgrund hervorgeht – die Harmonisierung gehört, die zur Verwirklichung der vier Freiheiten des Binnenmarkts beiträgt und im Zusammenhang mit der Beachtung der tragenden Grundsätze des Rechts steht, insbesondere des Eigentums einschließlich des geistigen Eigentums, der freien Meinungsäußerung und des Gemeinwohls. Die Parodie stellt unstreitig ein geeignetes Mittel zur Äußerung einer Meinung dar.

Soweit aber eine Parodie eine Aussage vermitteln möchte, die im Sinne der Grundrechtecharta diskriminiert, wäre nicht zu erkennen, inwieweit hier eine Interessenabwägung der oder des Gemeinwohls noch schwerer wiegt als das Interesse des Urhebers, mit solchen Aussagen nicht in Verbindung gebracht zu werden.

Im Fazit ist damit zu sehen, dass Parodien urheberrechtlich geschützter Werke mit dem EUGH möglich sind, aber eine Interessenabwägung vorzunehmen ist. Jedenfalls dann, wenn mit dem EU-Recht unzulässige diskriminierende Aussagen im Raum stehen, die mit dem ursprünglichen Werk durch die Parodie in Verbindung gebracht werden, wird eine Unzulässigkeit der Parodie im Raum stehen, die dem Urheber bzw. Nutzungsberechtigten einen zur Seite stellt.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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