Urheberrecht und Schadensersatz bei Lichtbildern

Die Entscheidung des Amtsgerichts Charlottenburg (Az. 216 C 513/11) aus dem Jahr 2012 wirft ein prägnantes Licht auf die Durchsetzung von Urheberrechten im digitalen Raum. Im Fokus des Falls steht die Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Fotos ohne die gesetzlich vorgeschriebene Namensnennung auf der Webseite eines Rechtsanwalts. Der Kläger machte Schadensersatz und die Erstattung von Abmahnkosten geltend, während der Beklagte eine rechtswidrige Handlung bestritt. Das Urteil behandelt wesentliche Fragen zur Auslegung von Lizenzverträgen und zur Bemessung von Schadensersatz bei Urheberrechtsverletzungen.

Sachverhalt

Der Kläger, ein Fotograf, stellte ein auf einer Online-Plattform zur Verfügung, die Nutzern unter bestimmten Bedingungen die Nutzung der Werke gestattete. Dabei wurde verlangt, den Urheber gemäß den Nutzungsbedingungen durch eine namentliche Nennung kenntlich zu machen. Der Beklagte, ein Rechtsanwalt, nutzte das Foto auf seiner Kanzlei-Homepage, verzichtete jedoch auf die vorgeschriebene Urhebernennung.

Nach einer erklärte der Beklagte eine strafbewehrte , lehnte jedoch die Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten ab. Der Kläger verlangte daraufhin eine Entschädigung in Höhe der fiktiven Lizenzgebühren sowie Ersatz für die Verletzung seiner Urheberpersönlichkeitsrechte.

Rechtliche Analyse

1. Schadensersatz wegen fehlender Urhebernennung

Das Gericht stellte klar, dass der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 13 UrhG hat. Die Verpflichtung zur Urhebernennung dient dem Schutz der Urheberpersönlichkeit und ermöglicht es dem Urheber, die eigene schöpferische Leistung sichtbar zu machen. Durch die unterlassene Namensnennung wurde der Kläger in seinen Rechten verletzt.

Für die Schadensbemessung zog das Gericht die fiktiven Lizenzgebühren heran, wie sie in den Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM) niedergelegt sind. Unter Berücksichtigung der Nutzungsdauer von neun Monaten und der Empfehlungen für Online-Nutzungen setzte das Gericht den Schadensbetrag auf 245 Euro fest.

2. Öffentliche Zugänglichmachung des Fotos

Das Gericht prüfte, ob die Nutzung des Fotos auch wegen der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG eine widerrechtliche Handlung darstellte. Dabei stellte es fest, dass der Beklagte durch den Download von der Plattform ein einfaches Nutzungsrecht erworben hatte. Diese bestand unabhängig davon, ob die Urhebernennung eingehalten wurde, da der Lizenzvertrag keine auflösende Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB enthielt.

3. Erstattung der Abmahnkosten

Das Gericht gewährte dem Kläger eine Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 50 Euro. Es schätzte diesen Betrag gemäß § 287 ZPO als Mindestbetrag, der erforderlich war, um die Abmahnung durchzuführen. Der Kläger konnte allerdings keine höheren Beträge nachweisen, da unklar blieb, wie die Abrechnung zwischen ihm und seinem Anwalt erfolgte.

4. Rechtsmissbrauchseinwand des Beklagten

Der Beklagte argumentierte, dass der Kläger seine Urheberrechte missbräuchlich geltend mache, insbesondere mit dem vorrangigen Ziel, Abmahnkosten zu generieren. Das Gericht wies diesen Einwand zurück, da keine ausreichenden Beweise vorgelegt wurden, die die Geltendmachung als rechtsmissbräuchlich hätten erscheinen lassen. Es betonte, dass die Durchsetzung von Urheberrechten selbst bei einer Vielzahl von Abmahnungen legitim bleibt, solange die Rechtsverstöße real und die Ansprüche berechtigt sind.


Fazit

Die Entscheidung des AG Charlottenburg unterstreicht die Bedeutung der Urhebernennung als integralen Bestandteil des Urheberrechts und macht deutlich, dass Verstöße gegen diese Pflicht Schadensersatzansprüche auslösen können. Sie verdeutlicht zudem die Bedeutung klarer Lizenzbedingungen und der Nachweisführung bei der Geltendmachung von Abmahnkosten.

Für Urheber ist das Urteil ein wichtiger Hinweis darauf, dass sie ihre Rechte auch bei vermeintlich geringfügigen Verstößen wirksam durchsetzen können. Für Nutzer urheberrechtlich geschützter Inhalte zeigt es die Notwendigkeit, Lizenzbedingungen sorgfältig zu beachten, um rechtliche Konflikte zu vermeiden. Die Quintessenz dieser Entscheidung liegt in der klaren Betonung des Schutzes der Urheberpersönlichkeit und der konsequenten Durchsetzung von Urheberrechten.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Ich bin zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht und zur EU-Staatsanwaltschaft. Ich bin Softwareentwickler, in Python zertifiziert und habe IT-Handbücher geschrieben.

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