Das OLG Frankfurt am Main (6 U 254/01) konnte sich zur Dringlichkeit äussern und feststellen: „Wird ein Eilantrag auf Unterlassung bei Software-Plagiaten erst mehrere Monate nach Abfassung des Abmahnschreibens gestellt, kann es an der erforderlichen Dringlichkeit fehlen (…) ist die zur Annahme eines Verfügungsgrundes erforderliche Dringlichkeit unter dem Gesichtspunkt der „Selbstwiderlegung“ jedenfalls dann zu verneinen, wenn der Antragsteller durch sein Verhalten selbst zu erkennen gegeben hat, daß ihm die Angelegenheit so eilig doch nicht ist. Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin mit der gerichtlichen Geltendmachung ihres Unterlassungsanspruchs so lange gezögert, daß die Dringlichkeit zu verneinen ist.“.
Mangelnde Offensichtlichkeit
Der Auskunftsantrag zu Ziff. II war insgesamt zurückzuweisen. Dies gilt auch bezüglich der Handlungen, die durch den Unterlassungsantrag zu Ziff. I. 3. erfaßt werden. Grundsätzlich kann ein Auskunftsanspruch nicht im einstweiligen Verfügungsverfahren durchgesetzt werden, da hierin eine (nach Vollziehung später nicht mehr umkehrbare) Vorwegnahme der Hauptsache liegen würde. Eine Ausnahme gilt nach Maßgabe der § 19 Abs. 3 MarkenG und § 101 a Abs. 3 UrhG in Fällen einer offensichtlichen Rechtsverletzung. Offensichtlichkeit in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn eine Fehlentscheidung oder eine andere Beurteilung im Rahmen des richterlichen Ermessens kaum möglich erscheint (vgl. Ingerl / Rohnke, MarkenG, § 19 Rdnr. 34). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Antragstellerin hat zwar, wie ausgeführt, glaubhaft gemacht, daß die an die Firma BRN. gelieferten COA-Labels zu dem Programm „Microsoft Windows 2000 Professional“ gefälscht sind. Die zuverlässige Feststellung einer Fälschung, die zu der Annahme einer offensichtlichen Rechtsverletzung berechtigen würde, kann auf die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Herrn Kl. jedoch nicht gestützt werden.
Sequestration
Auch der Antrag auf Herausgabe zur vorläufigen Verwahrung gemäß Ziff. III. bleibt erfolglos. Aus den bisherigen Ausführungen folgt bereits, daß nur gefälschte COA-Labels Gegenstand des Sicherstellungsbegehrens sein können. Zu beschränken ist ein solches Begehren überdies auf die von der Antragstellerin konkret bezeichneten Fälschungsstücke. Denn der durch die Sequestration zu sichernde Vernichtungsanspruch ( § 18 MarkenG) bezieht sich nur auf die tatsächlich geschehenen (glaubhaft gemachten) Verletzungshandlungen. Die danach für eine Sicherstellung noch in Betracht kommenden COA-Labels sind an die Fa. BRN. geliefert und von dort an die Antragstellerin übersandt worden. Sie befinden sich jedenfalls nicht im Besitz der Antragsgegnerin, so daß diese nicht zur Herausgabe an den Gerichtsvollzieher verpflichtet werden kann.
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