Beim Landgericht Essen, 43 O 72/20, ging es um unzulässige Werbung mit Aussagen zu Cannabidiol (CBD). Die Entscheidung zeigt hervorragend auf, wie die Bewertung von Aussagen im Werberecht funktioniert – und warum die Werbung mit Eigenschaften von CBD schnell kritisch werden kann.
Gerade wenn man Cannabidiol-Produkte vermarktet, will man ja dahin, dass sie in irgendeiner Form „guttun“, darum ist man im Regelfall in einem Bereich, in dem man sich dazu äußern will, was CBD mit dem Körper tut.
Wenn in der Werbung aber auf die Gesundheit Bezug genommen wird, gelten besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit dieser Aussagen. Es gilt der Grundsatz, dass Angaben mit fachlichen Aussagen nur zulässig sind, wenn der Werbende die wissenschaftliche Absicherung seiner Aussage dartun kann. Die Irreführung beruht in diesem Fall nicht auf der Unrichtigkeit der Werbeaussage, sondern darauf, dass sie jeder Grundlage entbehrt! Wird als Beleg für eine Werbeaussage eine wissenschaftliche Studie zitiert, muss sie diese Aussage tragen; ist dies nicht der Fall, liegt die Irreführung auch darin, dass der Studie eine Aussage zugeschrieben wird, die ihr nicht entnommen werden kann.
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In diesem Fall wurde durch den Anbieter sogar eine randomisierte, placebo-kontrollierte Doppelblindstudie vorgelegt, um die getroffenen Aussagen zu stützen. Gleichwohl kam das Gericht dahin, dass die betroffene Werbung irreführend war – der Blick in die Entscheidung zeigt auf, woran es lag:
Diese trägt jedoch die von der Beklagten getätigten Werbeaussagen nicht. Daher wird dem beworbenen Produkt eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkung beigelegt, die das Mittel nicht – nachgewiesen – hat (§ 3 S. 2 Nr. 1 HWG).
So ist es entgegen der Werbeaussage Nr. 3 gerade nicht belegt, dass man durch Vaporisieren von CBD eine Nikotinabhängigkeit beenden kann. Hierauf verweist die Beklagte aber unter Bezugnahme auf die vorgelegte Studie („Wussten Sie, dass man mittels gesundem Vaporisieren von CBD vom schädlichen Zigarettenrauchen loskommen kann? Ja, das ist tatsächlich so und wurde 2013 in einer randomisierten Doppelblindstudie an der Universität von M nachgewiesen.“).
Dies lässt sich der vorgelegten Studie Anl. B 3 zum Schriftsatz vom 05.01.2021 (Bl. 59ff.) aber gerade nicht entnehmen.
Wie in dem vorgelegten Aufsatz auf S. 2435 (Bl. 61 unter Ziff. 4.) mehrfach ausgeführt wird, handelt es sich lediglich um eine vorläufige („preliminary“) Studie. Diese bedürfe der Wiederholung.
Im Ergebnis wird zwar eine Reduzierung der Anzahl der gerauchten Zigaretten bei den Versuchspersonen festgestellt, zugleich aber lediglich angenommen, dieser Rückgang könne („may“) plausibel mit dem CBD-Konsum zusammenhängen (S. 2435, B. 61 unter Ziff. 4.). In der Zusammenfassung (S. 2436, Bl. 62 unter Ziff. 4 a.E.) wird erneut lediglich dargestellt, dass die vorläufigen Daten darauf hindeuteten („suggest“), dass CBD wirksam sein könnte („may be effective“), um den Zigarettenkonsum von Tabakrauchern zu reduzieren.
Eine – durch die vorgelegte Studie nicht sicher nachgewiesene – nikotinsuchthemmende oder -beendigende Wirkung von CBD suggeriert die Beklagte zudem mit der beanstandeten Werbeaussage Nr. 2 durch den Ausdruck „Die Forscher sind sich sicher“ sowie den Verweis auf eine „effektive“ Möglichkeit der Nikotinsuchtbekämpfung.
Die hierdurch vermittelte Irreführung wird nicht dadurch aufgehoben, dass die Beklagte im Nachsatz ausführt, die Erkenntnisse rechtfertigten weitere Forschungen zu dem Thema, da CBD eine potientielle Behandlungsform für die Nikotinabhängigkeit darstelle.
Im Übrigen ist das in der Werbeaussage enthaltene wörtliche Zitat „CBD ist für seine subtile und nachhaltige Wirkung bekannt“ dem vorgelegten Aufsatz ebenfalls nicht zu entnehmen. Ob es in der von der Beklagten im Schriftsatz vom 05.01.2021 erwähnten WHO-Studie enthalten ist, ist im vorliegenden Fall unerheblich, da die Beklagte diese Studie nicht vorgelegt hat.
Schließlich wird auch die generelle Aussage, dass CBD „heilsame Wirkstoffe“ aufweise (Werbeaussage Nr. 1), durch die Studie nicht gestützt. Damit wird nämlich nach dem Kontext der Werbeaussage nicht die suchthemmende Wirkung assoziiert, sondern eine unmittelbar positive Auswirkung auf die Lunge und den Blutkreislauf („gelangen über die Lunge in den Blutkreislauf“). Denn die Beklagte führt zu Beginn des Textabsatzes ganz allgemein aus, dass sich die Vaporisation von CBD insbesondere für Menschen eigne, die „sehr schnell gesundheitliche Herausforderungen in den Griff bekommen möchten.“
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