Der Bundesgerichtshof (I ZB 55/13) hat sich zu der seit langem streitigen Frage geäußert, wie kostentechnisch damit umzugehen ist, dass der Unterlassungsgläubiger ein Ordnungsgeld beantragt, das Gericht ein solches auch verhängt hat, aber unterhalb eines benannten Mindest-Ordnungsgeldes geblieben ist. Hierzu stellt der BGH fest:
Ein Teilunterliegen im Sinne von § 92 ZPO des Gläubigers im Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 Abs. 1 ZPO ist anzunehmen, wenn der Gläubiger in seinem Antrag einen Mindestbetrag des festzusetzenden Ordnungsgeldes nennt und das Gericht einen geringeren Betrag festsetzt.
Das bedeutet, wenn ein Ordnungsgeld in Höhe von mindestens X Euro gefordert wird, das Gericht aber darunter bleibt, trägt der Antragsteller die entsprechend anteiligen Kosten. Doch es geht noch weiter – und es bietet sich ein Argument gegen die Abgabe von Unterlassungserklärungen.
Denn der BGH hat darüber hinaus geklärt, dass es keine Rolle spielt, ob das Mindest-ordnungsgeld im Antrag benannt ist oder erst in der Begründung ausgeführt wird:
Für die Annahme eines Teilunterliegens (…) ist es ohne Bedeutung, ob der Gläubiger seine Vorstellungen zur Höhe des festzusetzenden Ordnungsmittels in Form eines bezifferten Antrags zum Ausdruck bringt oder ob er (…) in der zur Auslegung des Antrags heranzuziehenden Begründung (…) einen festzusetzenden Mindestbetrag nennt und damit zum Ausdruck bringt, dass sein Rechtsschutzziel bei dessen Unterschreitung nicht erreicht ist. Maßgebend für eine Kostenbeteiligung des Gläubi-gers ist allein, ob er erkennbar Wert auf die Höhe des Ordnungsmittels gelegt hat (…)
Das Ergebnis ist insgesamt zu begrüßen und legt dem Unterlassungsgläubiger keine allzu hohen Pflichten auf – man muss halt das Risiko abwägen, ob es sinnvoll ist, wirklich einen konkreten Betrag als Mindestbetrag zu nennen. Weiterhin unbenommen ist es dem Unterlassungsgläubiger, sich hier nicht „die Finger zu verbrennen“ und in der Begründung schlicht die Argumente anzuführen, die aus seiner Sicht erhöhend zu berücksichtigen sind.
Für Unterlassungsschuldner zeigt sich hierbei wieder einmal mehr, dass es in Einzelfällen sinnvoll sein kann, von der Abgabe einer Unterlassungserklärung ins Blaue hinein abzusehen und die mit Mehrkosten verbundene einstweilige Verfügung zu riskieren. Diese kostet zwar zu Beginn mehr Geld in Form von Verfahrenskosten, kann sich aber bei späterem Verstoss „lohnen“. Zum einen ist die Motivation des Gegners bei einem Ordnungsgeld geringer, laufende Kontrollen zu führen, da er hier keine eigenen Einnahmen in Form der Vertragsstrafe erzeugen kann; darüber hinaus aber ist auch zu sehen, dass der Gegner gut beraten ist, von der Benennung eines Mindestordnungsgeldes abzusehen und insoweit das Gericht alleine und vielleicht massvoller entscheiden wird. Letztlich aber verbleibt es dabei dass man weder pauschal zur Abgabe noch zur Verweigerung einer Unterlassungserklärung raten kann – es bleibt eine Einzelfallentscheidung, die nun ein weiteres zu berücksichtigendes Argument hinzu gewonnen hat.
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