Der Bundesgerichtshof (III ZR 84/21) hat klargestellt, dass die unrichtige Darstellung eines wertbildenden Umstandes in einem Prospekt nur dann unter den Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs fällt, wenn sie geeignet ist, einen verständigen und durchschnittlichen Anleger in seiner Anlageentscheidung zu beeinflussen.
Das Tatbestandsmerkmal „erheblicher Umstand“ im Sinne des § 264a StGB wird nur durch solche Gesichtspunkte erfüllt, die nach der Art des Geschäfts für einen durchschnittlichen Anleger von Bedeutung sein können. Die Offenlegungspflicht ist auf solche wertbildenden Umstände zu beschränken, die nach den Erwartungen des Kapitalmarkts für den Anleger bei seiner Anlageentscheidung von Bedeutung sind. Dabei ist eine objektivierte Betrachtungsweise geboten. Maßgeblich ist der verständige und durchschnittlich vorsichtige Anleger, in dessen Lage sich der Prospektherausgeber zu versetzen hat.
Ein wesentlicher Prospektfehler im Sinne des § 264a StGB liegt demnach nicht bereits dann vor, wenn konkrete Angaben „über die Werthaltigkeit des Fonds“ gemacht werden, die unrichtig sind. Ein solcher Maßstab überdehnt den objektiven Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs. Er würde dazu führen, dass bereits geringfügige Ungenauigkeiten einen erheblichen Prospektfehler begründen könnten. Lässt eine Angabe – und sei es auch nur mittelbar – Rückschlüsse auf die Werthaltigkeit der Anlage zu, so handelt es sich zwar um die Darstellung einer wertbildenden Tatsache. Ist die Angabe unrichtig, erfüllt sie aber nur dann den Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs, wenn sie nach den vorstehenden Grundsätzen für die Anlageentscheidung von Bedeutung ist, also geeignet ist, einen Kapitalanleger der vorbezeichneten Art in seiner Anlageentscheidung zu beeinflussen.
Dies entspricht nach Auffassung des BGH dem Sinn und Zweck des § 264a StGB. Der in den Gefährdungsbereich vorverlagerte strafrechtliche Schutz soll – neben dem Vertrauen der Allgemeinheit in die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes – gezielt das Individualvermögen potentieller Kapitalanleger vor möglichen Schädigungen schützen (vgl. auch Entwurf der Bundesregierung eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BT-Drs. 10/318, S. 22). Ein solcher Schutz ist erforderlich, soweit unrichtige Angaben geeignet sind, andere zur Anlage ihres Geldes zu veranlassen.
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