Überlange Verfahrensdauer durch verzögerte Vergütungsfestsetzung des Pflichtverteidigers

Mit einer echten Unsitte hatte sich das Oberlandesgericht Hamm, 11 EK 11/20, zu beschäftigen, das hervorgehoben hat, dass das beim Amtsgericht zu führende Verfahren zur Festsetzung erstinstanzlicher Pflichtverteidigerkosten eine im Sinne von § 198 GVG unangemessen lange Verfahrensdauer haben kann – wenn es vom zuständigen Rechtspfleger grundsätzlich so betrieben wird, dass die Vergütungsfestsetzung bis zur Rücksendung der Akten aus der Rechtsmittelinstanz nicht abschließend bearbeitet wird, und während der Dauer der Aktenversendung auch eine Anfrage beim Rechtsmittelgericht unterbleibt, um die Akten für den kurzen Bearbeitungszeitraum einer Vergütungsfestsetzung zurück zu erlangen:

Nicht angängig war jedenfalls die (…) dargestellte Handhabung des Amtsgerichts, das Kostenfestsetzungsverfahren bis zur Rückkehr der Akten aus der Berufungsinstanz nicht betreiben zu wollen. Es steht außer Frage, dass die hier in Rede stehende Verteidigervergütung Teil der Existenzgrundlage eines Rechtsanwalts ist und ihm daher jedenfalls nicht ohne ausreichenden sachlichen Grund zugemutet werden kann, auf eine unbestimmte Zeit auf die Auszahlung der Vergütung warten zu müssen. Dies ist gerade bei Rechtsmittelverfahren, deren Dauer oft nicht abschätzbar ist und die im Einzelfall Jahre andauern können, evident (…)

Indes sind auch im Rechtsmittelverfahren erfahrungsgemäß Zeiträume vorhanden, in denen das Rechtsmittelgericht die Akten für einen kurzen Zeitraum nicht benötigt und an das Ausgangsgericht zurücksenden kann. Daher war es im vorliegenden Fall zumutbar und auch geboten, dass seitens des Amtsgerichts jedenfalls nach Erfüllung der Mitwirkungspflicht durch die Klägerin infolge ihres Schriftsatzes vom 20.09.2019 und damit den einhergehendem Eintritt von Entscheidungsreife über das Kostenfestsetzungsgesuch der Klägerin die Akten zeitnah vom Landgericht unter Hinweis auf das laufende Kostenfestsetzungsverfahren und die unter Angabe der voraussichtlichen Bearbeitungsdauer zurückgefordert wurden.

In dem Fall, dass eine Aktenrücksendung nicht erfolgte, war die Anforderung binnen angemessener Frist zu wiederholen. Die Entscheidung, ob die Akten für die erbetene Zeit entbehrlich sind, wäre daraufhin von dem zuständigen Dezernenten beim Landgericht zu treffen gewesen und am Stand des Berufungsverfahrens auszurichten. Auch insofern erscheint es zumutbar, dass in dem Fall, dass die Akten nicht entbehrlich sind, vom Rechtsmittelgericht regelmäßig eine Wiedervorlagefrist verfügt wird, nach deren Ablauf eine erneute Prüfung des Rückforderungsersuchens erfolgt.

Ein derartiges Vorgehen ist seitens des AG Rahden schuldhaft versäumt worden, wobei das Fehlen einer Rechtfertigung, die Bearbeitung des Kostenfestsetzungsverfahrens für die gesamte, nicht absehbare Dauer des Rechtsmittelverfahrens zurückzustellen, für die zuständige Rechtspflegerin erkennbar war.

Das Ergebnis: Für die Verzögerung der Kostenfestsetzung um rund 5 Monate erkannte das OLG auf Zuerkennung eines Entschädigungsanspruchs in Höhe von 200,– Euro.

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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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