Entsprechend §140 II StPO wird einem ein Pflichtverteidiger beigeordnet, wenn „wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint“. Wann eine solche Schwierigkeit anzunehmen ist, hat das Oberlandesgericht Köln (III-1 RVs 213/10) vor einiger Zeit nochmals anschaulich dargestellt mit folgenden (nicht abschliessenden!) Kriterien:WeiterlesenPflichtverteidigung: Ab wann wegen schwerer Rechtslage?
Schlagwort: Pflichtverteidiger
Ein Pflichtverteidiger ist ein Rechtsanwalt, der einem Angeklagten vom Gericht unter bestimmten Voraussetzungen beigeordnet wird. Eine Pflichtverteidigung kann zum Beispiel erforderlich sein, wenn es sich um eine schwere Straftat handelt oder wenn der Angeklagte in Untersuchungshaft sitzt.
Ein Pflichtverteidiger ist nicht grundsätzlich schlechter als ein selbst gewählter Anwalt. Im Gegenteil: Ein Pflichtverteidiger hat in der Regel viel Erfahrung in der Verteidigung von Beschuldigten und verfügt über umfassende Kenntnisse der gesetzlichen Bestimmungen und Verfahren.
Ein Pflichtverteidiger hat auch eine besondere Verantwortung gegenüber dem Beschuldigten, da er ihn in einer schwierigen Situation verteidigt und seine Interessen wahrnimmt. Ein Pflichtverteidiger ist verpflichtet, alles zu tun, um die bestmögliche Verteidigung für seinen Mandanten zu erreichen.
Es kann jedoch vorkommen, dass ein Pflichtverteidiger nicht immer die Erwartungen seines Mandanten erfüllt oder dass es zu Meinungsverschiedenheiten kommt. In diesem Fall kann sich der Beschuldigte jederzeit einen eigenen Verteidiger suchen, der ihn dann im weiteren Verlauf des Verfahrens vertritt.
Insgesamt ist ein Pflichtverteidiger also nicht per se schlechter als ein selbst gewählter Anwalt. Es kommt immer auf die Erfahrung und Kompetenz des Anwalts an, egal ob es sich um einen Pflichtverteidiger oder einen frei gewählten Anwalt handelt. Beachten Sie, dass wir unter Umständen auch als Pflichtverteidiger zur Verfügung stehen.
Es liegt ein aktueller Beschluss des AG Aachen vor (unten als PDF-Download), der recht ausführlich das Thema der Befangenheit bei Haftprüfungsterminen beleuchtet. Es gibt hier folgende Kernaussagen: Download des Beschlusses (anonymisiert) hier als PDF.WeiterlesenZur Befangenheit bei Haftprüfungsterminen
Das Oberlandesgericht Köln (2 Ws 566/11) hat klar gestellt, dass sich widersprechende Zeugenaussagen in der Ermittlungsakte ausreichen können, um einen Fall notwendiger Verteidigung anzunehmen. Da nämlich nur der Rechtsanwalt, nicht aber der Angeklagte, einen Anspruch auf Akteneinsicht hat, kann somit auch nur ein Strafverteidiger eventuelle Unstimmigkeiten aufdecken: Die Belastungszeugen […] sind bereits im Ermittlungsverfahren polizeilich…WeiterlesenStrafrecht: Pflichtverteidigung bei widersprüchlichen Zeugenaussagen in Ermittlungsakte
Einen kapitalen Bock hat das Amtsgericht Rostock (21 Cs 13/10) geschossen, das allen ernstes meinte, in einer Sache in der es um die Verwertung einer Blutprobe geht, die gegen den Richtervorbehalt erhoben wurde, sei es nicht nötig, einen Pflichtverteidiger zu bestellen, da es sich um einen sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fall handele und der…WeiterlesenVerwertungsverbot von Blutproben bei Verstoss gegen Richtervorbehalt: Das versteht kein Laie!
In Encrochat-Verfahren wird man in aller Regel beim Landgericht landen – daher steht hier immer ein Pflichtverteidiger zur Verfügung. Doch gibt es auch zwingend einen verfahrenssichernden (zusätzlichen) Pflichtverteidiger wegen der Stofffülle und Komplexität des Verfahrens? Die Frage darf man durchaus stellen, das OLG Bremen (1 Ws 24/21) hat sie nun aber ausdrücklich verneint.WeiterlesenPflichtverteidigung bei Encrochat
Bei dem Vorwurf eines unerlaubten Autorennens kommt eine Pflichtverteidigung in Betracht, so das Landgericht Aachen, 62 Qs 83/20 – Hintergrund sind die komplexen rechtlichen Fragen, die sich (derzeit) stellen und die einen Laien regelmässig überfordern: Jedoch liegt eine besondere Schwierigkeit der Rechtslage im Hinblick auf den Tatvorwurf des verbotenen Kraftfahrzeugrennens gemäß § 315d Abs. 1…WeiterlesenPflichtverteidigung bei Autorennen
Pflichtverteidiger unfähig – was muss das Gericht tun? Wie geht man als Gericht damit um, wenn ein Pflichtverteidiger einfach zu schlecht arbeitet – muss das Gericht intervenieren? Wenn man nun die Angeklagten fragt, sind (natürlich) alle Pflichtverteidiger unfähig. Dabei ignorieren die meisten beim Thema Pflichtverteidigung, geprägt von US-Serien/Filmen, dass es in Deutschland – anders als…WeiterlesenGerichtliche Handlungspflicht bei unfähigem Pflichtverteidiger?
Der Bundesgerichtshof (StB 34/20) konnte klarstellen, dass zur Entscheidung über den Pflichtverteidigerwechsel nach Anklageerhebung ausschließlich der Vorsitzende des erkennenden Gerichts zuständig ist. Bis dahin nicht erledigte Beschwerden gegen insoweit ergangene Beschlüsse des Ermittlungsrichters sind ihm deshalb zur weiteren Entscheidung vorzulegen: Mit Er- hebung der Anklage ist die ausschließliche Befugnis für Bestellungen von Pflichtverteidigern jedoch gemäß §…WeiterlesenPflichtverteidigerwechsel nach Anklageerhebung
Der Bundesgerichtshof (StB 39/20) konnte sich Ende 2020 zum Wechsel des Pflichtverteidigers äussern – dabei hebt der BGH hervor, dass es neben dem Wechsel nach §143a Abs.2 StPO auch den gesonderten Fall des „konsensualen Pflichtverteidigerwechsels“ gibt. Es ist also möglich, dass schlicht im Einvernehmen der Beteiligten Pflichtverteidiger ausgewechselt werden. Dazu bei uns: Pflichtverteidiger wechseln: Kann man…WeiterlesenKonsensualer Pflichtverteidigerwechsel
Der Gesetzgeber möchte die anwaltlichen Gebühren anheben, im Schnitt um ca. 10%, was für Laien nach viel klingt, in der Praxis aber kaum Auswirkungen haben dürfte, da hiermit die Kostensteigerungen der letzten Jahre nicht einmal aufgefangen werden. Am Rande möchte der Gesetzgeber aber noch etwas machen: Den Längenzuschlag für Pflichtverteidiger (endlich) gesetzlich regeln. Und geht…WeiterlesenVergütung bei Pausen während Hauptverhandlung
Grundsätzlich sind die Kolumnen von Fischer zur Justiz ganz brauchbar – doch bei einem Thema erregt er immer wieder meinen Unmut, der zunehmend ärgerlich wird: Wenn er aus seinem Elfenbeinturm heraus versucht, etwas zum praktischen Alltag der Strafverteidiger vor Ort zu schreiben. Vor allem, wenn es mal wieder um sein Lieblingsthema geht – das liebe…WeiterlesenBerichte aus dem Elfenbeinturm zur Pflichtverteidigung
Mit dem Bundesgerichtshof gilt für die Revisionsinstanz erst einmal grundsätzlich, dass wenn der zunächst zum notwendigen Verteidiger bestellte Rechtsanwalt allein deshalb gemäß § 143 StPO entpflichtet wurde, weil sich ein anderer Rechtsanwalt als Wahlverteidiger gemeldet hatte, es im Falle der Beendigung des Mandats grundsätzlich nicht in Betracht kommt, den neuen Verteidiger seinerseits als notwendigen Verteidiger…WeiterlesenBeiordnung des Wahlverteidigers als Pflichtverteidiger in der Revision
Entpflichtung des Pflichtverteidigers: Die Pflichtverteidigung endet mit dem (rechtskräftigen) Abschluss des Verfahrens, siehe §143 Abs.1 StPO. Doch wie kann man den Pflichtverteidiger wechseln, wie erreicht man vorher die Entpflichtung des Pflichtverteidigers? Seit der Reform der Pflichtverteidigung Ende 2019 lässt sich diese Frage klarer beantworten. Dabei gilt: Die Entpflichtung eines Verteidigers ist – von den im…WeiterlesenEntpflichtung des Pflichtverteidigers
Wie ist das Schicksal der Wahlverteidigervollmacht bei der Pflichtverteidigung? Nun ist der Grundsatz klar: Der auf die Pflichtverteidigerbestellung gerichtete Antrag enthält grundsätzlich die Erklärung, die Wahlverteidigung solle mit der Beiordnung enden. Soviel weiss jeder, der mit Strafverfahren zu tun hat – doch es gibt bedeutsame Einzelfragen.WeiterlesenWahlverteidigervollmacht und Pflichtverteidigung
Gegen Beschlüsse im Zusammenhang mit Pflichtverteidigungen besteht regelmässig das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Nun konnte das Oberlandesgericht Hamm, 4 Ws 94/20, klarstellen, dass das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 144 Abs. 2 S. 2 StPO i.V.m. § 142 Abs. 7 StPO auch in den Fällen statthaft ist, in denen die erstmalige Bestellung eines weiteren…WeiterlesenSofortige Beschwerde bei Pflichtverteidigerbestellung