Ein wichtiger Aspekt bei der Frage einer Insolvenzanfechtung ist der Umgang mit der Zahlung einer Geldstrafe. Schon früh hatte der BGH entschieden, dass eine solche auch angefochten werden kann:
Die Zahlung einer Geldstrafe unterliegt der Insolvenzanfechtung (…) Auch die Bezahlung einer Geldstrafe unterliegt der Insolvenzanfechtung, sofern deren tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt sind. Der Strafcha- rakter rechtfertigt insofern keine Sonderbehandlung (…)
Die Inkongruenz der Zahlung folgt zum einen aus dem Umstand, dass sie erbracht wurde, nachdem die Staatsanwaltschaft ein Gesuch des Schuldners um Zahlungsaufschub abgelehnt, ihn zur sofortigen Überweisung aufgefordert und angekündigt hatte, im Falle nicht fristgerechter Zahlung müsse er mit Zwangsmaßnahmen bis hin zur Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe rechnen. Eine Befriedigung unter dem Druck der unmittelbar bevorstehenden Vollstre- ckung einer Ersatzfreiheitsstrafe (§ 43 StGB), die auch im eröffneten Insolvenzverfahren möglich ist und keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (…) ist wie im Falle einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung (…) inkongruent. (…)
Die Zahlung wäre aber auch dann anfechtbar, wenn sie zu einer kongruenten Deckung geführt hätte. Dann wären die Anfechtungsvoraussetzungen n(..) erfüllt, weil die Zahlung nach dem Eröffnungsantrag erfolgte und die Staatsanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt aufgrund eines bei ihr eingegangenen Schreibens des Schuldners Kenntnis vom Eröffnungsantrag hatte.
Diese Rechtsprechung überrascht nicht, es ist daher nur konsequent, wenn der BGH (IX ZR 280/13) dies erst kürzlich bestätigte:
Begleicht der Schuldner im Wissen um seine Zahlungsunfähigkeit eine Geldstrafe, kann die Vorsatzanfechtung durchgreifen, wenn die Strafvollstreckungsbehörde über die ungünstige Vermögenslage des Schuldners unterrichtet ist (…) Dem zuständigen Vollstreckungsrechtspfleger war infolge der Lektüre des Strafurteils geläufig, dass gegen den als Inhaber eines Imbissbetriebs selbständig tätig gewesenen Schuldner Verbindlichkeiten in Höhe von rund 15.000 € bestanden.
Es bieten sich vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung, die schon auf die Erkenntnisse aus dem Strafurteil selber abstellt, erhebliche Anfechtungsmöglichkeiten für den Insolvenzverwalter. Dabei ist die Frage des Strafklageverbrauchs bei späterer Anfechtung immer noch umstritten, es spricht aber vieles dafür, hier nur in besonderen Ausnahmefällen einen solchen anzunehmen. Das Risiko i st, dass ein erledigten Thema plötzlich wieder aufbricht. So hat etwa das LG Göttingen (5 Qs 3/15; Anfechtungsverfahren: LG Göttingen, 4 O 280/14) festgestellt, dass eine erfolgreiche angefochtene Zahlung einer Geldstrafe dazu führt, dass die Geldstrafe wieder auflebt und von dem Schuldner dann „erneut“ zu zahlen ist. Das Risiko liegt auf der Hand: Wenn man hier nicht umsichtig und richtig reagiert droht plötzlich doch die (Ersatz-)Freiheitsstrafe.
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