Verbotene Kraftfahrzeugrennen: Ausdrückliche Strafbarkeit von Autorennen beschlossen

Der Bundesrat hat im September 2017 die ausdrückliche Strafbarkeit von beschlossen, indem er den neuen §315d StGB hat passieren lassen, was am 30.09.2017 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde und seit dem 13.10.2017 in Kraft getreten ist:

§ 315d Verbotene Kraftfahrzeugrennen
(1) Wer im Straßenverkehr
1. ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt,
2. als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt oder
3. sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbe- wegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen,
wird mit bis zu zwei Jahren oder mit be- straft.

(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 oder 3 Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (…)

Es gibt noch weitere Regelungen, etwa eine Strafmilderung bei Fahrlässigkeit und eine Mindeststrafe von einem Jahr bei der Verursachung des Todes eines Menschen. Das Gesetz war die Reaktion diverser medial aufgegriffener Vorfälle in Deutschland. Besonders schmerzhaft dürfte neben der eigentlichen Strafe der §315f StGB sein, mit dem PKWs aus solchen Rennen einzuziehen sind.

Link: Gesetzgebung bei Bundestag.de

Pressemitteilung des Bundestages zum neuen §315d StGB:

Illegale Straßenrennen werden künftig als Straftat geahndet

Künftig ist es strafbar, öffentliche Straßen ohne Erlaubnis zur Rennbahn zu machen. Das gilt auch für Einzelpersonen, die fahren, als wären sie in einem Rennen. So sieht es ein vom Bundestag noch in wesentlichen Punkten geänderter Gesetzentwurf des Bundesrates (18/10145) vor, den das Plenum am Donnerstag, 29. Juni 2017, mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD verabschiedet hat.

Die Teilnahme an nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen ist bisher nur eine Ordnungswidrigkeit, solange niemand dabei ernsthaft zu Schaden kommt. Nun wird für diese Taten in Paragraf 315 des Strafgesetzbuches ein neuer Tatbestand eingeführt, der die entsprechende Vorschrift in der Straßenverkehrsordnung ersetzt. Wer ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet, durchführt oder daran teilnimmt, wird demnach mit Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Haft sanktioniert. Bei schweren Personenschäden können bis zu zehn Jahre Haft verhängt werden. Zudem können die Fahrzeuge der Beteiligten eingezogen werden.

Auch einzelne Raser können sich strafbar machen

Gemäß der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (18/1293618/12964), der das Plenum gefolgt ist, macht sich künftig auch strafbar, wer sich als einzelner Auto- oder Motorradfahrer „mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“. Erfasst werden sollen demnach, wie es in der Begründung heißt, auch diejenigen Fälle, in denen nur ein einziges Fahrzeug „objektiv und subjektiv ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt“. Dagegen sollen bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen „nicht von der Strafbarkeit umfasst werden, auch wenn sie erheblich sind“.

Strafbar wird zudem schon der Versuch, ein illegales Rennen durchzuführen, auch wenn es dann nicht stattfindet. Damit soll verhindert werden, dass Organisatoren straflos davonkommen, wenn die Polizei von dem Vorhaben erfährt und es vereitelt.

SPD: Teilnahme an Rennen rechtfertigt Strafe

Die SPD-Abgeordnete Kirsten Lühmann berichtete aus ihrer früheren Tätigkeit als Polizistin, wie schlimm es immer wieder gewesen sei, wenn sie eine Todesnachricht habe überbringen müssen. Meist sei es dabei um Opfer von Verkehrsunfällen gegangen. Doch bisher hätten Gerichte bei Todesfällen infolge illegaler Rennen meist auf fahrlässige Tötung befunden. Sei es gut gegangen, würden bisher nur ein Bußgeld und maximal drei Monate verhängt.

Sie begrüße deshalb die Einstufung illegaler Rennen als „abstraktes Gefährdungsdelikt“, sagte Lühmann. Allein die Teilnahme sei so gefährlich, dass dies einen Straftatbestand rechtfertigte. Besonders begrüßte sie die Möglichkeit, das Tatfahrzeug einzuziehen. Lühmann zitierte einen Sachverständigen mit den Worten: „Nehmt ihnen ihr weg, und ihr trefft sie am meisten.“

Linke: Zu unbestimmte Rechtsbegriffe

Auch Jörn Wunderlich (Die Linke) hielt ein Handeln des Gesetzgebers für geboten, denn die meisten Verkehrstoten gebe es durch überhöhte Geschwindigkeit. Die Einführung eines abstrakten Gefährdungsdelikt halte er aber für bedenklich, weil damit eine Strafbarkeit weit vor eine vollendete Tat vorgelagert werde. Es sei nicht erkennbar, welche konkrete Gefährdung der Gesetzgeber genau meine. Auch seien die im Gesetzentwurf gebrauchten Rechtsbegriffe zu unbestimmt. Dem hielt Dr. Johannes Fechner (SPD) allerdings entgegen, es seien nur Rechtsbegriffe verwendet worden, die sich in der Rechtsprechung bereits bewährt hätten.

An einem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/12558), der eine Strafbarkeit von extrem zu schnellem Fahren auch ohne Renncharakter vorsieht, kritisierte Wunderlich, dass in ihm neben der Gefährdung von Menschen auch die Gefährdung von „Sachen von bedeutendem Wert“ als Kriterium für die Strafbarkeit genannt werde. Die Rechtsprechung setze hierfür eine Schwelle von 750 Euro. Die werde von praktisch jedem Auto am Straßenrand überschritten. „Schade, deshalb kann man dem nicht zustimmen“, sagte Wunderlich.

Minister: Mehr Rennen wegen des Internets

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) begründete das neue Gesetz auch mit dem Eindruck, dass die Zahl von Straßenrennen „durch die Möglichkeit der Verbreitung im Internet noch einmal zugenommen“ habe. Es sei ein „Signal, dass diejenigen, die glauben, sie könnten sich an illegalen Straßenrennen beteiligen, die volle Härte des Gesetzes spüren“.

Ein Kernanliegen der Bundesregierung sei gewesen, sagte Dobrindt, dass auch der Versuch unter Strafe gestellt wird und der Aufruf im Internet zu einem Rennen bereits als strafbare Handlung gewertet werde. Ebenso begrüßte er die Möglichkeit, Fahrzeuge einzuziehen: „Wer sich derart verantwortungslos verhält, muss wissen: Er hat künftig keinen und kein Auto mehr.“

CDU/CSU. Zunehmend Rennen gegen sich selbst

Sebastian Steineke (CDU/CSU) verwies auf das Phänomen zunehmender „Rennen gegen sich selbst“. Als Beispiel nannte er den spektakulären Fall eines Motorradfahrers, der wiederholt extrem schnelle Fahrten durch die Innenstadt mit seiner Helmkamera filmte, um sie ins Internet zu stellen, wobei ein unbeteiligter Mensch ums Leben kam. Illegale Straßenrennen seien ein Massenphänomen geworden. Es sei davon auszugehen, sagte Steineke, dass sie über die bekannt gewordenen Fälle hinaus „für eine Vielzahl von Toten und Verletzten verantwortlich“ seien.

Grüne für umfassendere Strafbarkeit

Für den eigenen Antrag ihrer Fraktion warb Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen). In der Anhörung des Rechtsausschusses habe ein Gutachter erklärt, dass für einen angefahrenen Fußgänger oder Radfahrer bereits bei 50 Stundenkilometern „die Gefahr tödlicher Verletzungen sehr hoch“ sei. Man rede hier also „über Dinge, die lebensgefährlich sind“, und das nicht nur bei Rennen.

Beim Gesetzentwurf des Bundesrates hätten Gerichte vor dem Problem gestanden, nachweisen zu müssen, dass überhaupt eine Verabredung zu einem Rennen stattgefunden hat. Aber auch in der nachgebesserten Fassung der Koalition gebe es unbestimmte Rechtsbegriffe, die Gerichte vor Schwierigkeiten stellten. Die zur Abstimmung stehende Fassung sei „besser als nichts, aber unzureichend“.

Antrag der Grünen abgelehnt

In der Schlussabstimmung enthielten sich die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen der Stimme. Den weitergehenden Antrag der Grünen (18/12558) lehnte das Parlament mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der Linken ab. Sofern der Bundesrat wie erwartet auf seiner Sitzung am 7. Juli zustimmt, kann das Gesetz noch im selben Monat in Kraft treten.

In ihrem Antrag drangen Bündnis 90/Die Grünen auf eine wirksame Bekämpfung von „Raserei und illegalen Autorennen“. Die Grünen forderten darin härtere Sanktionen im Strafgesetzbuch sowie im Straßenverkehrsgesetz. So sollte die Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen durch zu schnelles Fahren grundsätzlich strafbar sein und nicht nur „an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen“, wie es derzeit im Strafgesetzbuch heißt. 

In den Fällen, in denen andere nicht nur gefährdet, sondern tatsächlich geschädigt werden oder ums Leben kommen, sollte zudem der Strafrahmen verschärft werden. Außerdem sollte die des Tatfahrzeugs sowie ein Fahrverbot bis zu zwölf Monaten ermöglicht werden.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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