Strafrecht: Propagandamittel im Sinne des §86 StGB

Der (3 StR 602/14) hat sich nochmals zum Propagandamittel im Sinne des §86 StGB geäußert und musste erneut klarstellen, dass man hier nicht zu früh ein Propagandamittel annehmen darf. Zu prüfen ist, inwieweit der für Propaganda typische werbende, aufwieglerische Charakter festzustellen ist:

Die Verurteilung wegen Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (§ 86 Abs. 1 StGB) hat die Strafkammer auf das Abspielen des Titels „Blut und Ehre“ der Gruppe Schwarze Division Sachsen in der von der Angeklagten M. am 11. Mai 2011 moderierten Sendung gestützt. (…)

Diese Feststellungen belegen nicht, dass es sich bei dem Lied um ein Propagandamittel im Sinne von § 86 StGB handelte. Hierunter fallen nur solche Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB), deren Inhalte gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen (§ 86 Abs. 2 StGB) und die aufgrund dessen eine aktiv kämpferische, aggressive Tendenz in diese Richtung erkennen las- sen (BGH, Urteile vom 23. Juli 1969 – 3 StR 326/68, BGHSt 23, 64, 72; vom 13. August 2009 – 3 StR 228/09, NJW 2010, 163, 165). Kritik, Ablehnung und politisches Wunschdenken reichen ebenso wenig wie wissenschaftliche Abhandlungen, Dokumentationen oder belletristische Darstellungen, wenn und soweit ihnen der werbende, aufwieglerische Charakter fehlt, welcher der Propaganda eignet. Die verfassungsfeindliche Zielsetzung muss in der Schrift selbst verkörpert sein, wobei auf den verständigen Durchschnittsleser(-hörer) abzustellen ist (BGH, Urteil vom 23. Juli 1969 – 3 StR 326/68, BGHSt 23, 64, 73; MüKoStGB/Steinmetz, 2. Aufl., § 86 Rn. 13).
Die in den Urteilsgründen dargestellten Textfragmente erschöpfen sich in der Wiedergabe von Kennzeichen nationalsozialistischer Organisationen („Sieg Heil“, „Blut und Ehre“). Deren Verwendung alleine hebt eine Schrift noch nicht zum Propagandamittel und macht nähere Ausführungen zu dem propagandisti- schen Zusammenhang nicht entbehrlich (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009 – 3 StR 228/09, NJW 2010, 163, 165). Das erforderliche aggressiv-kämpferische Element lässt sich den Urteilsgründen indes nicht entnehmen. Soweit das Landgericht im Rahmen der rechtlichen Würdigung interpretierend ausführt, der Liedtext knüpfe an die Rassenideologie ehemaliger nationalsozia- listischer Organisationen an, die „als nachahmenswert dargestellt“ werde, belegt auch dies den in Abgrenzung zum bloßen Wunschdenken erforderlichen aufwieglerischen Charakter nicht.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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