Strafrecht: Durchsuchung und Beweisverwertungsverbot

Eine richterlich angeordnete oder gestattete wird nicht dadurch rechtswidrig, daß sie unzureichend dokumentiert worden ist. Eine unzureichende Dokumentation der richterlichen Entscheidung führt nicht zu einem .

Frage: -Warum sollen sich die durchsuchenden Ermittler überhaupt noch an Formvorschriften halten, wenn ein Verstoss sowieso keine Folgen hat?

BGH Beschluss vom 13.1.2005, Az: 1 StR 531/04

 

2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, die Ergebnisse der gleichzeitig durchgeführten Durchsuchungen hätten nicht verwertet werden dürfen.

a) Hierzu trägt die Revision vor: Vor Beginn der Durchsuchung bei den Eltern habe die Polizei vom Vater des Angeklagten erfahren, der Angeklagte sei noch am Donnerstag, den 6. November 2003, bei den Eltern zu Besuch gewesen. Nachdem die Staatsanwälte um 13.25 Uhr davon in Kenntnis gesetzt worden seien, hätten sie die Durchsuchung der Personen, der Fahrzeuge, der Sachen und der Wohnungen des Angeklagten sowie der Wohnung der Eltern des Angeklagten angeordnet. Die Revision rügt, es komme hier nicht darauf an, ob die Durchsuchung tatsächlich vom Staatsanwalt wegen Gefahr im Verzug oder durch den Ermittlungsrichter angeordnet worden sei. Habe der Staatsanwalt im Wege der Eilkompetenz die Durchsuchung angeordnet, so fehle es an der Voraussetzung der Gefahr im Verzug. Habe der Richter die Durchsuchung angeordnet, so sei dessen Entscheidung unwirksam, denn die telefonische richterliche Durchsuchungsanordnung sei nicht dokumentiert worden. Zwar könne eine richterliche Durchsuchungsanordnung in Eilfällen mündlich ergehen, die gewissenhafte Dokumentation sei aber entscheidend für die spätere gerichtliche Nachprüfung. Die Folgen dieser Rechtsverletzung könne nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 103, 142 nur in einem Beweisverwertungsverbot bestehen. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

b) Ein Beweisverwertungsverbot besteht nicht. Die Prüfung durch den Senat hat ergeben, daß die Durchsuchung auf der Grundlage einer richterlichen Gestattung erfolgt ist. Die freibeweisliche Klärung durch die Strafkammer durch Anhören des zuständigen Staatsanwalts hat ergeben: Nachdem sich der Tatverdacht wegen Vortäuschung einer Straftat durch ein vom Angeklagten inszeniertes Schußattentat verstärkt hatte, informierte der Staatsanwalt den zuständigen Ermittlungsrichter gegen Mittag telefonisch über den Tatverdacht. Der Angeklagte sei danach verdächtig, den Anschlag auf sich vorgetäuscht zu haben, indem er die Schüsse auf sich selbst gesetzt und die Pistole zuvor aus dem Haus seiner Eltern geholt habe. Die bislang nicht gefundene Tatwaffe könne sich bei ihm oder seinen Eltern befinden. Der Staatsanwalt beantragte daher fernmündlich die Gestattung der Durchsuchung beim Angeklagten und dessen Eltern. Der Ermittlungsrichter hat aufgrund dieser Informationen dem Antrag entsprochen und die Durchsuchung telefonisch gestattet. Der Staatsanwalt hat danach die Polizeibeamten angewiesen, die richterlich gestattete Durchsuchung zu vollziehen, die dann am Nachmittag erfolgte. Die Einzelheiten über die Anordnung habe die Polizei in einem Vermerk vom 23. November 2003 festgehalten.

c) Das Landgericht ist zu Recht dem weiteren Antrag des Angeklagten, zusätzlich den Ermittlungsrichter zu diesem Telefonat zu vernehmen, nicht nachgekommen. Es ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß der Sachverhalt schon durch die freibeweisliche Vernehmung des Staatsanwalts ausreichend aufgeklärt und damit erwiesen war. Der Verteidiger, dem es zudem noch Gelegenheit gab, zu erläutern, weshalb der Ermittlungsrichter etwas anderes bekunden würde als der Staatsanwalt, erwiderte darauf lediglich, er habe seine Erkenntnisse aus der Aussage des Staatsanwalts, er habe diesen so verstanden.

d) Ein fernmündlicher Antrag des Staatsanwalts auf Gestattung der Durchsuchung und eine fernmündliche Gestattung der Durchsuchung durch den Ermittlungsrichter genügen in Eilfällen – ein solcher lag hier vor – den formellen Anforderungen an einen richterlichen Durchsuchungsbeschluß im Sinne des § 105 Abs. 1 StPO (Nack in KK 5. Aufl. § 105 Rdn. 3). Die fernmündliche Einholung der richterlichen Gestattung ermöglicht eine vorbeugende richterliche Kontrolle und ist daher ein effektiverer Rechtsschutz als die Wahrnehmung der Eilkompetenz mit nachträglicher richterlicher Bestätigung.

Hier liegt schon nahe, daß die richterliche Gestattung bereits durch den von der Polizei erstellten Vermerk ausreichend in den Ermittlungsakten dokumentiert war. Aber selbst eine unzureichende Dokumentation der richterlichen Entscheidung, die im Beschwerdeverfahren – hierauf bezieht sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 103, 142 – eine andere Bedeutung als im Hauptverfahren haben kann, macht eine richterlich angeordnete Gestattung nicht unwirksam und führt in keinem Fall zu einem Verwertungsverbot. Ein substantiierter Widerspruch eines Verfahrensbeteiligten – der bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt erfolgen muß -, mit dem geltend gemacht wird, die unzureichend dokumentierte richterliche Entscheidung sei rechtsfehlerhaft, hat allerdings zur Folge, daß das Tatgericht einen insoweit unklaren Sachverhalt freibeweislich aufklären muß. Dies hat der Tatrichter hier getan, ohne daß er nach § 267 StPO verpflichtet gewesen wäre, die Verfahrensvorgänge in den Urteilsgründen zu dokumentieren (vgl. BGH StV 2000, 604; Engelhardt in KK 5. Aufl. § 267 Rdn. 2; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, , 25. Aufl. § 267 Rdn. 3).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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