Gesetzgebung: Gesetz zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen

Der Gesetzgeber hat eine neue Strafbarkeitslücke ausgemacht und möchte die (§238 StGB, „Stalking“) reformieren:

Ziel des Gesetzgebers war es, einen besseren Opferschutz zu gewährleisten; ein Anspruch, dem die Norm in ihrer aktuellen Fassung jedoch nur eingeschränkt gerecht wird. Der Tatbestand ist nur dann erfüllt, wenn die Tat eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers verursacht hat. Damit wird die Strafbarkeit weder von der Handlung des Täters noch von deren Qualität abhängig gemacht, sondern allein davon, ob und wie das Opfer auf diese Handlung reagiert.

Das versucht man nun so zu lösen, dass es nicht mehr auf das Ergebnis beim Opfer ankommt, sondern es genügt bereits die Geeignetheit der Handlung. Dogmatisch wandelt sich der §238 StGB damit vom Erfolgsdelikt zum reinen Unternehmensdelikt.

Änderung des §238 StGB

Die Formulierung sieht dann wie Folgt aus, wobei die Nr.5 des aktuellen §238 Abs.1 StGB („eine andere vergleichbare Handlung“) als Auffangtatbestand gestrichen wird.

„Mit bis zu drei Jahren oder mit wird bestraft, wer einer anderen Person in einer Weise unbefugt nachstellt, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung schwerwiegend zu beeinträchtigen, indem er beharrlich
1. die räumliche Nähe dieser Person aufsucht,
2. unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht,
3. unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten dieser Person
a) Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für sie aufgibt oder
b) Dritte veranlasst, Kontakt mit ihr aufzunehmen, oder
4. diese Person mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit ihrer selbst oder einer ihr nahestehenden Person bedroht.“

Die Wesentlich Änderung ist nun, dass objektiv geprüft wird, ob – losgelöst von dem was die jeweilige Person konkret empfunden hat – eine neutrale Person mit einer Beeinträchtigung rechnen musste, also das Verhalten hierzu auch nur geeignet war.

Diese Entwicklung passt zu anderen Entwicklungen, speziell im Sexualstrafrecht möchte der Gesetzgeber ja auch mehr Strafbarkeit dort schaffen, wo sich dem Täter auf Grund der Umstände eine Strafbarkeit schon des eigenen Verhaltens – losgelöst vom Verhalten des Gegenübers – aufdrängen soll. Während es im Sexualstrafrecht, nicht zuletzt auf Grund von Lebensumständen, gute Gründe gibt für eine solche Erweiterung zu plädieren, erschliesst sich dies bei der mitteren Kriminalität aber nicht mehr. In einer Zeit, in der Eigenverantwortlichkeit zunehmend ausser Mode gerät sollte es nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, Konflikte dort zu schüren, wo Betroffene Sie nicht einmal selber sehen. Das Strafrecht entfernt sich hier zunehmend von der Lebenswirklichkeit, wo dann Betroffene wahrscheinlich vor Gericht sitzen und darauf verweisen, dass Sie das Verfahren nicht nachvollziehen können (was ich bereits heute nicht selten erleben muss bei §238 StGB-Verfahren).

Vergleichslösung soll gestärkt werden

Allerdings wird auch ein neuer §214a FamFG geschaffen, der bei Vergleichen eine zwingende Protokollierung des Gerichts vorsieht, wobei solche Vergleiche dann strafrechtliche Bindung entsprechend dem geänderten §4 GewSchG entfalten. Auch hier merkt man, wie die Privatautonomie durchbrochen wird zu Gunsten eines staatlich-zwingenden Handelns.

Dazu auch: Bericht bei Beck-Online

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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