Inzwischen sollte die Reform der Einziehung aus dem Jahr 2017 durchweg in der Praxis angekommen sein – dabei gab es von Anfang an das erhebliche Problem, dass Gerichte sich unsicher zeigten, ob – anders als früher – im Fall eines erklärten Verzichts des Angeklagten gleichwohl eine (tenorierte) förmliche Entscheidung notwendig ist. Es zeigte sich recht schnell, dass man wie früher verfahren kann, nunmehr pointiert der BGH endlich seine Rechtsprechung.
Übrigens: Bei Verzicht auf andere Gelder bringen diese einen Einziehungsanspruch insoweit zum Erlöschen!
Im Rahmen der Opferentschädigung und erweiterten Einziehung hat der BGH (3 StR 307/18) schon Ende 2018 seine Linie klar zu Ende gebracht: Das Gericht muss keine förmliche Einziehung vornehmen, kann davon gerade absehen um das Verfahren effektiver zu gestalten, kann aber eben auch neben dem Verzicht die förmliche Einziehung vorsehen um das Opfer zu schützen:
Einerseits ist es dem erkennenden Gericht unbenommen, die Einziehung anzuordnen, falls es zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte die Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten erlangt hat. Mit Rücksicht auf die Besserstellung des Geschädigten durch das neue Opferentschädigungsmodell kann es im Einzelfall sogar sachgerecht sein, es nicht bei einer „formlosen“ Vermögensabschöpfung zu belassen (vgl. dazu Köhler, NStZ 2017, 497, 501; Reitemeier, ZJJ 2017, 354, 363; AG München, Urteil vom 10. Oktober 2017 – 814 Ds 261 Js 160705/17, BeckRS 2017, 132027). Jedenfalls erweist sich eine Einziehungsanordnung in solchen Konstellationen nicht als überflüssig und dementsprechend auch nicht als unverhältnismäßig (Gleiches gilt in Bezug auf der Regelung des § 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB unterfallende Erlöse aus Be- täubungsmittelgeschäften; anders insoweit BGH, Urteil vom 10. April 2018 – 5 StR 611/17, BGHSt 63, 116).
Andererseits steht es dem Gericht stets frei, mit Rücksicht auf die Verzichtserklärung des Angeklagten von einer Entscheidung über die erweiterte Einziehung abzusehen. Das gilt vor allem dann, wenn es weiterer Beweiserhebungen bedarf, um zu klären, ob der Angeklagte die Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten erlangt hat. In solchen Fällen erwiese es sich insbesondere nicht als sachgerecht, das Verfahren über die Einziehung gemäß § 422 Satz 1 StPO abzutrennen und später – ungeachtet der von dem Angeklagten bereits abgegebenen Verzichtserklärung – in einem gesonderten Verfahren der Frage nachzugehen, ob die Gegenstände aus einer anderen rechtswidrigen Tat des Angeklagten herrühren. Es liefe der vom Gesetzgeber angestrebten effektiven strafrechtlichen Vermö- gensabschöpfung zuwider, die Herkunft eines Gegenstandes in einem aufwän- digen Verfahren – womöglich gemäß § 423 Abs. 4 StPO im Rahmen einer weiteren Hauptverhandlung – näher aufzuklären, obwohl dessen „formlose“ Einziehung ohne Weiteres möglich ist.
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