BGH in NStZ 1986, Seite 264 – Benzingussfall

Es geht um die Frage, wann der Täter noch vom Versuch zurücktreten kann. Der BGH hält hier fest, dass auf die letzte Ausführungshandlung und die Vorstellungen des Täters zu diesem Zeitpunkt abzustellen ist.

Der Sachverhalt wird in der NStZ a.a.O. so dargestellt:

Der Angekl. wollte seine Ehefrau aus Verzweiflung wegen der von ihr geäußerten Scheidungsabsicht töten. Er übergoß sie plötzlich mit einem Eimer voll Benzin und versuchte, sie anzuzünden. Bei der sich anschließenden Rangelei zwischen beiden, bei der er immer noch versuchte, Streichhölzer zu entzünden, gelang es ihr zu flüchten. Er folgte ihr in den Garten, riß sie zu Boden, umklammerte mit beiden Händen ihren Hals und würgte sie, so daß sie vorübergehend das Bewußtsein verlor. Später ließ er von seiner Ehefrau ab, ohne daß geklärt ist, warum er von seiner Tötungsabsicht Abstand nahm.

Aus den Gründen des BGH:

Nach der neueren Rechtsprechung des BGH (BGHSt 31, 170) sind die Fallgruppen des unbeendeten und des beendeten Versuchs nicht allein nach den Vorstellungen des Täters bei Tatbeginn abzugrenzen. Vielmehr sind für die Frage des strafbefreienden Rücktritts von der Tatausführung die Vorstellungen des Täters nach der letzten Ausführungshandlung entscheidend („Rücktrittshorizont“ nach Abschluß der letzten Ausführungshandlung).

Das gilt auch in Fällen, in denen der Angriff des Täters zunächst fehlgeschlagen war. Ein strafbarer fehlgeschlagener Versuch liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der Täter die Tat, wie er weiß, mit dem bereits eingesetzten oder den zur Hand liegenden einsatzbereiten Mitteln noch vollenden kann.

Zwar glaubte der Angekl., den Tod seiner Ehefrau unwiderruflich bewirken zu können […], als er mit einigen aufflammenden und glühenden Zündhölzern – aus ungeklärter Ursache erfolglos – versuchte, seine mit Benzin übergossene Ehefrau und die um sie entstandene Benzinlache anzuzünden. Dennoch hat er die weitere Ausführung der Tat – insgesamt gesehen – aufgegeben.
Sein Vorhaben war nämlich nach dem „unverdienten Glück“ des mißlungenen Brandanschlags noch nicht endgültig gescheitert. Vielmehr hat der Angekl. in unmittelbar weiterer Verfolgung seines Zieles ohne tatbestandlich relevante Zäsur ein nächstes Tatmittel eingesetzt, indem er seine Ehefrau würgte. Er wußte auch, daß er mit diesem einsatzbereiten Mittel seine Tat noch vollenden konnte. Obwohl sein Tötungsvorhaben noch nicht endgültig fehlgeschlagen war, nahm er dann aber von der Vollendung der Tat Abstand.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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