Strafprozessrecht: Keine wörtliche Übernahme des erstinstanzlichen Urteils in der Berufung

Was da wohl schief gelaufen ist: Das (III-1 RVs 51/18) musste dem mit sehr harschen Worten ins Stammbuch schreiben, dass eine wörtliche Übernahme amtsgerichtlicher Feststellungen

  • zur Person und zur Sache,
  • zur Beweiswürdigung sowie den
  • Strafzumessungserwägungen

durch die Berufungsstrafkammer – versehen lediglich mit einigen eigenen Wendungen – nicht den materiell-rechtlichen Anforderungen an die Urteilsgründe genügen kann.

So führt das OLG unter anderem aus:

Das Landgericht hat – was die Revision zu Recht rügt – die amtsgerichtlichen Feststellungen zur Person und zur Sache, die Beweiswürdigung des Amtsgerichts und dessen Strafzumessungserwägungen bis hinein in grammatikalische Fehler (wie den unmotivierten Wechsel zwischen indirekter und direkter Rede) und sprachliche Eigenheiten (wie die Redeweise von den „Säulen“ der Beweiswürdigung), versehen lediglich mit einigen eigenen Wendungen, wonach die Feststellungen „auf erneut durchgeführter Beweisaufnahme“ beruhten, wortgleich übernommen. Das entspricht nicht §§ 267, 328 StPO, wonach die Berufungsstrafkammer über die Tat und deren Rechtsfolgen eine von der Entscheidung erster Instanz unabhängige eigene Entscheidung aufgrund eigener rechtlicher und tatsächlicher Würdigung zu treffen hat (…) Der Senat erachtet es als ausgeschlossen, dass sich die Angeklagte in zweiter Instanz in einer Weise ebenso eingelassen hat, die Zeugen sämtlich ebenso in einer Weise bekundet haben wie in erster Instanz, dass die wortgleiche Wiedergabe ihrer Angaben das Geschehen in der Berufungshauptverhandlung widerspiegelt (…)

Dem ist nicht wirklich viel hinzuzufügen – eine wortgleiche Übernahme kann nicht funktionieren, was auch auf der Hand liegt, da der Sinn der Berufungsinstanz schlicht unterlaufen wird, wenn diese nicht selbstständig arbeitet.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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