BTM-Strafrecht: Zur Annahme von Handeltreiben mit Drogen wegen gewähltem Umfeld

Das Amtsgericht München teilt mit, dass es im Dezember 2015 einen 21-jährigen jungen Mann wegen eines unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer von 1 Jahr und 2 Monaten zur verurteilt hat. Bereits die „massiven“ Umstände liessen mich aufhorchen:

Der Verurteilte und sein Kunde wurden bei dem Geschäft von zwei Polizeibeamten beobachtet. Diese haben gesehen, dass dem Verurteilten von seinem Kunden ein 20 Euro-Schein übergeben wurde. Der Kunde hat dafür circa ein Gramm Marihuana in einer Zellophan Plombe verpackt bekommen.

Handeltreiben mit 1 Gramm Brutto und dafür 1 Jahr 2 Monate klingt recht sportlich. Die weiteren Ausführungen machen es nicht besser.

So liest man weiter, dass der Angeklagte wegen dieser Tat ernsthaft in saß. Desweiteren nahm das Gericht ein gewerbsmäßiges Handeln an und führte dazu laut Pressemitteilung aus:

Das Gericht geht davon aus, dass der Drogendealer gewerbsmäßig gehandelt hat. „Denn aufgrund zahlreicher anderer Fälle ist gerichtsbekannt, dass im Bereich des Hauptbahnhofs insbesondere aus den Kreisen schwarzafrikanischer Asylbewerber Marihuana verkauft wird. Auch der Angeklagte hielt sich im Bereich des Hauptbahnhofs offensichtlich ohne Reiseabsichten auf. Nach kurzer Kontaktaufnahme mit dem Zeugen (…) wurde das infolge vereitelte Marihuanageschäft abgewickelt. Zwar ergeben sich aus der Auswertung der vom Angeklagten sichergestellten Mobiltelefone keine weiteren Hinweise auf weitere Geschäfte. Aus dem Umstand, dass der Angeklagte sich im Bereich des Hauptbahnhofs aufhielt und an einen ihm Unbekannten Marihuana verkaufte, das bereits verkaufsfertig in der szenetypischer Verkaufsform und Menge verpackt war, ergibt sich die Gewerbsmäßigkeit“, so das Gericht.

Es gab also rein gar nichts, was bei dem Angeklagten selber auf ein gewerbsmäßiges Handeln hinwies. Dafür bemüht das Gericht aber dann Umstände der Umgebung, um aus diesen ausserhalb des Angeklagten liegenden Umständen auf seinen Vorsatz (zum gewerbsmäßigen Handeln reicht entsprechender Vorsatz auch bei nur einer Tat) zu schliessen. Anders herum: Hätte er sich 100 Meter weiter weg gestellt, wäre es mit dieser Logik kein gewerbsmäßiges Handeltreiben mehr. Damit verkommt der ohnehin ausufernde Tatbestand zur reinen Beliebigkeit, jeglicher Kontrolle entzogen. Die Entscheidung, wenn so begründet, ist rechtlich nicht haltbar und für mich ein erneutes erschreckendes Zeichen der bayrischen Anti-Drogen-Politik, die in erster Linie getragen ist von dem Wunsch nach hohen Strafen im Bereich der Betäubungsmittel. Dass man so etwas auch noch derart offensiv und unreflektiert in eine Pressemitteilung packt macht nachdenklich.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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