Betäubungsmittelstrafrecht: Zur Strafmilderung wegen Aufklärungshilfe nach §31 BtMG

Wer mit Betäubungsmitteln aufgegriffen wird, dem wird von der Polizei in der ersten Vernehmung schnell der §31 BtMG vorgehalten:

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter […] durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte […]

In manchem polizeilichen Vernehmungsprotokoll findet man gleich eine ganze Seite, in der ausführlichst belehrt wird – und dann mitunter bei manchem Betroffenen falsche Erwartungen geweckt werden.

Die Falschbelastung

Besonders kritisch ist es, wenn die Belehrung so abläuft, dass der „kleine Konsument“ wunder was denkt, was ihn erwartet. Mit grosser Mühe wird dann versucht, irgendeine Form der Aufdeckung zu ermöglichen, etwa zu angeblichen Dealern. Da solche Belastungen immer auch mit einer erheblichen Selbstbelastung einhergehen, sind Gerichte besonders geneigt, dem dann zu glauben. Sollte aber ein BTM-Abhängiger – unter Entzug – in seiner verzweifelten Situation schlicht irgendetwas bei der Polizei erzählen, muss das gerade besonders Kritisch gesehen werden. Die Situation vor Gericht ist in BTM-Verfahren aber nicht selten anders.

In einem besonders krassen Verfahren etwa hatte ein Junkie, der nachweislich zum Zeitpunkt der Vernehmung unter Entzug stand und anwaltlich nicht vertreten war, meinen Mandanten ganz erheblich belastet und ihm die im Kilogrammbereich angedichtet. Es dauert Monate, bis die angeordnete beendet werden konnte, weil sämtliche Gerichte von den „stichhaltigen Indizien“ überzeugt waren. Der Freispruch am Ende war hart erkämpft, bis zum Ende klammerte sich die Staatsanwaltschaft an die angeblich so „sichere Aussage“ des belastenden Mitangeklagten.

Die falsche Erwartung

Auch werden nicht selten schlicht falsche Erwartungen geweckt: Die Strafmilderung bei Aufdeckung weiterer Straftaten ist nicht zwingend, sondern steht im Ermessen des Gerichts. Auf keinen Fall ist es also so, dass man „etwas aufdeckt“ und dann mit einer geringen Strafe belohnt wird.

Belastung bei Geständnis des Mitangeklagten

Der (2 StR 3/14) hat aber auch klar gestellt, dass keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Insbesondere schadet es nicht, wenn der durch das Geständnis Ermittelte später selber ein Geständnis abgibt:

Die landgerichtlichen Erwägungen greifen zum anderen zu kurz, wenn sie darauf abstellen, dass die Verurteilung von A. letztendlich nicht auf den Angaben des Angeklagten, sondern auf dessen geständiger Einlassung beruhe. § 31 Nr. 1 BtMG verlangt lediglich, dass der Täter durch freiwillige Offenbarung seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Tat über den eigenen Tatbeitrag hinaus aufgeklärt werden konnte, wobei es ausreicht, dass der Täter lediglich seine Abnehmer preisgibt (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 181 [BGH 05.10.1995 – 4 StR 479/95]). Erforderlich ist – wie aber wohl das Landgericht meint – nicht, dass die Verurteilung eines an der Straftat Beteiligten auf den Angaben des Aufklärungshilfe leistenden ursprünglichen Täters in der beruht.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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