Betäubungsmittelstrafrecht: 1 Jahr und 10 Monate Freiheitsstrafe bei gut 41 Gramm Heroin

Der Mandant wurde angeklagt wegen Einfuhr, Besitz und Handeltreiben von 41,9 Gramm (Wirkstoffanteil 9,08 Gramm Heroinhydrochlorid, HHC). Dabei lag – wie so oft im BTM-Strafrecht – die Besonderheit im Einzelschicksal, der Blick auf die Strafe allein wäre insofern verfehlt.

Jahrelange Abhängigkeit – und Therapieplatz

Tatsächlich hatte sich der Mandant bereits um einen Therapieplatz gekümmert – und erhalten. Die Zusage hinsichtlich Kosten und Antrittsdatum war bereits erfolgt. Getrieben von der Sucht wollte er, für Nicht-Süchtige nur schwer nachzuvollziehen aber eben Teil des KRankheitsbildes, die Zeit bis zum Therapieplatz überbrücken und kaufte sich nochmal eine „ordentliche Ration“. Es kam wie es kommen musste: Bei einer Kontrolle auf der Autobahn flog er auf. Auf Grund einschlägiger massenhafter Vorstrafen und mit Blick auf die Mindeststrafe von 1 Jahr (§29a I Nr.2 ) hing der Therapieplatz am seidenen Faden.

Strategie: Therapie sichern

BTM-Verfahren folgen eigenen Regeln. Das beginnt bei der speziellen BGH-Rechtsprechung zur Frage, wann etwa ein Handeltreiben vorliegt und geht über die mitunter sehr hohen Mindeststrafen bis hin zu den Einzelschicksalen, die da vor einem sitzen. Hier schlicht nur auf den Umfang der Strafe zu blicken wäre ein Fehler. Hier ging es mit dem Mandanten nur um eines: Der Therapieplatz sollte genutzt werden können.

Problem: Keine Bewährung

Der Therapieplatz war recht zeitnah zugesagt, wenig Probleme bereitete es, für eine zeitnahe Terminierung zu sorgen. Das grössere Problem war, dass selbst durch rosarote Brille mit zugekniffenen Augen eine nicht mal mehr zur Diskussion stand. Mangels Meldeadresse befand sich der Mandant zudem in U-Haft. Also wie damit umgehen?

Tatvorwürfe minimieren

Wie immer bei solchen Mengen ging die Staatsanwaltschaft erst einmal von einem Handeltreiben aus. Dies schon alleine, weil jemand der kein Geld hat und alles für seine Drogen ausgibt, irgendwoher ja dann wieder Geld zum Leben braucht. Die allgemeine Annahme ist dann, dass ein Teil der Drogen wieder verkauft werden sollte für den Lebensunterhalt. Dies konnte im Verfahren entkräftet werden, obwohl der Mandant einräumte, tatsächlich sein gesamtes Geld ausgegeben zu haben.

Da ein Kauf im Ausland nicht nachgewiesen werden konnte, war dies letztlich auch keine Diskussion mehr (bei Einfuhr hätten sonst 2 Jahre Minimum gedroht).

Lösung: Pragmatisch

Das Gericht zu Überzeugen, dass der Therapieplatz zu nutzen sei, war durchaus möglich – die Lösung zum Antritt war dann sehr pragmatisch: Der Therapieplatz war ab einem Montag zugesagt, so dass auf den davor liegenden Freitag terminiert wurde. In der Zwischenzeit wurde mit einem Verwandten abgeklärt, dass dieser den Mandanten für das Wochenende aufnimmt. Als Strafe gab es dann 1 Jahr und 10 Monate, natürlich ohne Bewährung. Aber es gab „Therapie statt Strafe“ (§35 BtMG), wobei mit der Staatsanwaltschaft geklärt war, dass noch in der Sitzung die StA als Vollstreckungsbehörde insoweit zustimmt. Der wurde aufgehoben. Ergebnis: Der Mandant konnte das Wochenende bei der Familie verbringen und Montags in die Therapie.

Das Beispiel ist recht exemplarisch, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen um die in BTM-Verfahren einzig sinnvolle Lösung (bei Dauerkonsumenten harter Drogen) zu erreichen. An der Stelle gilt es auch, nicht die menschlichen Schicksale hinter der Krankheit zu vergessen – und auch nicht, wovon die Gesellschaft am Ende mehr hat, wenn BTM-Abhängige vor Gericht stehen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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