Das Bundesverfassungsgericht (2 BvQ 87/20) hat hervorgehoben, dass alleine allgemeine Sorgen vor einer Infektion kein Grund sind, eine laufende Strafverhandlung zu unterbrechen oder auszusetzen. So muss natürlich sofort abgebrochen werden, wenn ein konkretes Risiko besteht – eine absolute Sicherheit aber gibt es nicht und kann es nicht geben:
In Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellt die Strafkammer im Ergebnis darauf ab, dass sich die Möglichkeit, dass ein Beschuldigter den Belastungen einer Hauptverhandlung nicht gewachsen ist, letztlich niemals ausschließen lässt, derartige Risiken innerhalb gewisser Grenzen unvermeidbar sind und im Interesse einer wirksamen Strafrechtspflege hingenommen werden müssen (…).
Das Landgericht wird dabei seiner Pflicht, zwischen dem Risiko einer Infektion mit potentiell gefährlichem Verlauf und dem Interesse des Staates an einer effektiven Strafverfolgung abzuwägen, insbesondere dadurch gerecht, dass es darauf abstellt, dass es – unter sachverständiger Beratung – geeignete Maßnahmen zur Minimierung der Ansteckungsgefahr getroffen hat. Es folgt damit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, nach der auch die Möglichkeiten, einer zu befürchtenden Gesundheitsschädigung entgegenzuwirken, in die gebotene Abwägung einbezogen werden können
Weiter führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass gerade wenn ein Hygienekonzept entwickelt wurde, welches auf die Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes und des damit beauftragten rechtsmedizinischen Sachverständigen zurückgeht, dies zu berücksichtigen ist. Hierzu gehört die Einhaltung der Maskenpflicht und des Abstandsgebots sowie einen Austausch der Raumluft mit Frischluft innerhalb von 30 Minuten. Auch die Trennung der Verfahrensbeteiligten durch Plexiglasscheiben wirkt sich aus. Sollte ein Gericht unsicher sein, wäre im Übrigen an §10 EGSTPO zu erinnern, zumal die hier vorgesehene Hemmung kraft Gesetzes laut BGH eintritt.
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