Im Bereich des Forderungseinzugs („Inkasso“) ist das bei manchen Dienstleistern inzwischen derart üblich geworden, dass man es gar nicht mehr wirklich wahr nimmt: Die Drohung mit dem berühmten „Schufa-Eintrag“, nach dem Motto, „Wenn Sie nicht zahlen, dann werden wir das der Schufa“ melden.
So einfach ist das aber – zum Glück – nicht. Und kann zudem für den betreffenden Inkassodienstleister zu einem erheblichen Problem werden. Die typischen Fragen rund um die Drohung mit dem Schufa-Eintrag werden im Folgenden in Kürze behandelt und dargestellt.
Zur Zulässigkeit der Datenübermittlung an die Schufa
Die Zulässigkeit einer Datenübermittlung an Auskunfteien wie die Schufa ist inzwischen im Bundesdatenschutzgesetz ausdrücklich geregelt. Demzufolge darf im Kern gemeldet werden, was
- durch ein Gericht als Forderung anerkannt wurde, oder
- ausdrücklich anerkannt wurde, oder
- nicht bestritten wurde, oder
- zur ausserordentlichen Kündigung durch den Gläubiger berechtigt.
Wenn die Voraussetzungen des §28a BDSG vorliegen, ist letztlich dann auch unbeachtlich, ob eine Einwilligung des Betroffenen noch eingeholt wurde (Kammergericht, 4 W 43/11). Auch ist eine weitere Interessensabwägung nicht mehr vorzunehmen (OLG Frankfurt, 19 U 291/10).
Wenn also eine Forderung auf Zahlung von Geld gestellt wird, die – was etwas der Regelfall ist bei betrügerischen Angeboten – durch den Schuldner bestritten wird, darf schon gar nicht mehr an die Schufa übermittelt werden. Aus diesem Grund sind inzwischen viele Inkassodienstleister den Weg gegangen, ihre Erschreck-Methoden zu ändern. Nun steht da meistens im Konjunktiv ein Satz in der Art „Wir können diesen Vorfall der Schufa melden“ und/oder in Kombination mit einem Sternchenhinweis, wobei dann irgendwo versteckt vermerkt ist „Wenn die Forderung von Ihnen anerkannt oder durch gerichtliches Urteil festgestellt wurde“.
Strafrechtliche Unzulässigkeit der Drohung mit einem Schufa-Eintrag?
Ist das Androhen eines Schufa-Eintrags unzulässig? Oder handelt es sich hierbei – wie so oft vertreten – nur um eine übliche und hinzunehmende Maßnahme des Inkassos? Viele Laien, die sich durch solche Äusserungen durchaus „bedroht“ fühlen, verweisen darauf, dass hier ja eine Nötigung vorliegen müsse. Eine solche strafrechtlich relevante Nötigung (§240 StGB) hat folgende Tatbestandsmerkmale:
- „Drohung mit einem empfindlichen Übel“: Der so genannte „Schufa-Eintrag“ ist ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Schon aus rechtlicher Hinsicht wird man hier zumindest ein Übel erkennen können. Losgelöst von dem mehr oder minder damit verbundenen Stigma, das der einzelne vielleicht Wahrnimmt, hängen am Schufa-Scoring zudem bedeutsame Fragen des Alltags, insbesondere finanzielle Entscheidungsspielräume. Hier im Ergebnis von einem „empfindlichen Übel“ zu sprechen dürfte keinen Bedenken begegnen. (so auch LG Berlin, 4 O 97/11)
- „nötigung zu einer Handlung“: Der Betroffene muss sich auf Grund der Drohung dazu entschliessen, etwas unfreiwillig zu tun. Vorliegend also bezahlen. Wenn nicht bezahlt wird, steht alleine eine versuchte Nötigung im Raum!
- „rechtswidrig“: Die Nötigung muss rechtswidrig erfolgen. Das ist sie entsprechend §240 II StGB dann, wenn hier die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. Also eine Wertungsfrage.Hier ist nun erstmals relevant, ob eine Meldung bei der Schufa überhaupt rechtlich möglich wäre, denn nach meiner Einschätzung ist eine gar nicht erst zulässige Meldung in keinem Fall ein rechtmäßiges Mittel. An der Stelle würden gewiefte Anbieter darauf verweisen, dass gerade weil eine Meldung nicht möglich ist, eine Nötigung ausscheidet, weil das angedrohte Übel gar nicht eintreten kann. Das würde aber nicht verfangen, denn: Es reicht aus, wenn der betreffende glaubhaft versichert bzw. den Eindruck erweckt, auf den Eintritt des Übels Einfluss zu haben. Da helfen dann auch keine pro-forma-Sternchenhinweise, denn ausschlaggebend ist bei dieser Bewertung alleine, was der Durchschnittsleser denken musste, wenn er den Satz liest.Wenn überhaupt kann eine Rechtswidrigkeit letztlich nur dann ausscheiden, wenn eine Meldung überhaupt zulässig ist. Aber auch dann kommt es auf die genaue Formulierung an. Sinn der Schufa ist nämlich nicht, seinen Forderungen besser Nachdruck verleihen zu können, sondern bei Vertragsschluss die Solvenz/Bonität des Vertragspartners in einer Prognose besser abschätzen zu können. Wenn dann der Schufaeintrag alleine zur reinen Drohung verkommt, ist dies eine Zweckentfremdung der Schufa (so etwa AG Leipzig, 118 C 10105/09). Insofern wird mal wohl verlangen müssen, dass der Schuldner zwar auf negative Konsequenzen (auch als Motivationsschub) hingewiesen werden darf, aber keinesfalls damit ein Zahlungsdruck entstehen darf, der der Erhebung vielleicht berechtigter Einwände entgegensteht.
Man sieht hier: Es kommt mal wieder drauf an, nämlich im Einzelfall auf die Frage, wie die „Drohung“ genau formuliert ist und was der durchschnittliche Leser so erwarten durfte, wenn er den Satz liest. Eine grundsätzliche straflosigkeit ist jedenfalls nach meinem Dafürhalten nicht zu sehen.
Wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit?
Die Drohung mit dem Schufa-Eintrag kann aber, je nach gewählter Formulierung, wettbewerbswidrig sein – nämlich dann, wenn Verbraucher über Gebühr unter Druck gesetzt werden. Wer nicht deutlich macht, dass ein Bestreiten der Forderung bereits ausreichend ist um die Meldung zu vermeiden, kann dann eventuell abgemahnt werden und sieht sich Unterlassungsansprüchen ausgesetzt. (Details dazu hier)
Und wenn dann doch unberechtigt gemeldet wurde?
Auch das gibt es: Da wird ein Eintrag unberechtigt vorgenommen. Nach hiesiger Erfahrung aber weniger durch Betrüger, die drohen nämlich nur mit dem Schufa-Eintrag, ebenso wie mit Klagen die man nie zu Gesicht bekommt. Nein, vielmehr passiert so etwas wenn ein Fehler unterläuft. Vor der Schaffung des §28a BDSG konnte man dabei herzlich darum streiten, ob die Einwilligungsklauseln in den AGB, etwa bei Banken, überhaupt korrekt formuliert waren – so wurde im Nachhinein eine vermeintlich rechtmäßige Übermittlung plötzlich zum Problem.
Im Grundsatz gilt das oben gesagte: Eine unberechtigte Übermittlung an Auskunfteien ist ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Man muss gar nicht lange im Bundesdatenschutzgesetz suchen, unmittelbar aus dem BGB ergibt sich diesbezüglich sowohl ein Unterlassungsanspruch (§§823 I, 1004 BGB) sowie ein Schadensersatzanspruch wegen des Eingriffs (§823 I BGB) und des Weiteren für die Rechtsverfolgungskosten, etwa weil ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden musste. Schmerzensgeld gibt es aber wohl nicht.
Dazu einige Entscheidungen:
- LG Düsseldorf,7 O 469/09, sieht einen Streitwert von 20.000 Euro bei Streit um Eintragungen, die Forderungen in 6stelliger Höhe betreffen
- Amtsgericht Hamm, 16 C 127/08, sieht einen Streitwert von 1.500 Euro bei Streit um im Ergebnis berechtigte Eintragung wegen einer Forderung in ca. gleicher Höhe
- Amtsgericht Bonn, 9 C 459/06: Kein Schmerzensgeld bei unberechtigtem Schufa-Eintrag. Die Entscheidung ist insofern korrekt, bei Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht gibt es ein Schmerzensgeld nur bei einem besonders schwerwiegenden Eingriff. Der Streitwert orientierte sich hier am geforderten Schmerzensgeld (4.000 Euro).
- OLG Frankfurt, 16 U 126/11: Streitwert orientiert sich an Meldung zu Grunde liegender Forderung (hier fast 70.000 Euro). Ein wirksames Bestreiten liegt auch vor, wenn mit möglichen Gegenforderungen aufgerechnet wird!
- AG Bremen, 10 C 221/11: Ein Anspruch auf Löschung von bei der Schufa breit gehaltenen Datensätzen besteht auch dann nicht, wenn als Wohnanschrift (wegen frührer Haft korrekt) eine Justizvollzugsanstalt hinterlegt ist.
- LG Berlin, 4 O 97/11: Gegen unberechtigten Schufa-Eintrag steht der einstweilige Rechtsschutz offen!
Hinweis: Die Anwaltskanzlei Ferner hilft bei allen Fragen rund um den Datenschutz und das allgemeine Persönlichkeitsrecht!
- Justizminister wünschen allgemeine Autoschlüssel-Kopie für Ermittler - 7. Dezember 2024
- KCanG: BGH zur Zusammenrechnung von Freimengen - 5. Dezember 2024
- BVerfG zu Encrochat: Keine generellen Beweisverwertungsverbote - 5. Dezember 2024