Sexuelle Handlungen und ihre Erheblichkeit

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 6. November 2024 (Az. 4 StR 308/24) über die Revision eines Angeklagten entschieden, der wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie Schutzbefohlenen verurteilt worden war. Ein zentrales Thema der Entscheidung war die Bewertung der Erheblichkeit sexueller Handlungen und deren revisionsrechtliche Überprüfung. Diese Besprechung analysiert die Entscheidung, beleuchtet ihre rechtlichen Kernelemente und bietet eine Einschätzung der Tragweite für die Praxis.

Sachverhalt

Der Angeklagte war in mehreren Fällen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen verurteilt worden. Ein besonderes Augenmerk lag auf einem Übergriff im Waschkeller. Der Angeklagte hatte sich in Tateinheit strafbar gemacht, wobei die Strafkammer die Erheblichkeit der Handlungen feststellte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte der Angeklagte Revision ein, die jedoch als unbegründet verworfen wurde. Der Schuldspruch wurde mit geringfügigen Klarstellungen bestätigt.

Rechtliche Analyse

1. Erheblichkeit sexueller Handlungen

Der BGH überprüfte die Feststellungen des Landgerichts zur Erheblichkeit der Handlungen. Der Begriff der “Erheblichkeit” wird in der Rechtsprechung als qualitativer und quantitativer Maßstab verstanden. Er verlangt eine deutliche Überschreitung der Bagatellgrenze, wobei die Tat den Intimbereich des Opfers berühren oder dessen Würde erheblich beeinträchtigen muss. Die Feststellungen im vorliegenden Fall wurden als ausreichend angesehen, da das Landgericht die Tatsituation, die beteiligten Personen und die psychischen Auswirkungen angemessen gewürdigt hatte.

2. Revisionsrechtliche Prüfung

Die revisionsrechtliche Prüfung konzentrierte sich auf die Frage, ob die Subsumtion der Handlungen unter den Begriff der Erheblichkeit den rechtlichen Anforderungen entspricht. Der BGH bestätigte die Bewertung der Vorinstanz und verwies darauf, dass es sich um eine einzelfallbezogene Wertung handelt, die revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist.

3. Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe

Der BGH korrigierte lediglich den Tenor hinsichtlich der Gesamtfreiheitsstrafe, indem klargestellt wurde, dass nur die verhängte Freiheitsstrafe und nicht das Urteil selbst einzubeziehen ist. Diese technische Anpassung verdeutlicht die präzisen Anforderungen an die Tenorierung von Urteilen.

Praktische Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung bestätigt die Bedeutung einer detaillierten und sorgfältigen Beweiswürdigung in Fällen sexuellen Missbrauchs. Die Feststellung der Erheblichkeit bleibt dabei ein wesentlicher Prüfungsmaßstab. Für die Praxis zeigt der Beschluss, dass Gerichte bei der Abwägung der Tatbestandsmerkmale klar und nachvollziehbar argumentieren müssen. Gleichzeitig verdeutlicht die Entscheidung die hohen Anforderungen an die revisionsrechtliche Anfechtung solcher Urteile.

Fazit

Die Entscheidung des BGH setzt den rechtlichen Rahmen für die Bewertung der Erheblichkeit sexueller Handlungen und betont die Bedeutung einer klaren Subsumtion. Sie bietet sowohl für die Strafjustiz als auch für die Rechtswissenschaft wichtige Orientierungspunkte. Für die Praxis bleibt die sorgfältige Dokumentation der Tatbestandsmerkmale und deren rechtliche Würdigung von zentraler Bedeutung.

In der Gesamtschau liefert der Beschluss eine wertvolle “Quintessenz” für die rechtliche Handhabung sensibler Strafnormen und stärkt die Bedeutung des Opferschutzes in der deutschen Rechtsprechung.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Rechtsanwalt Jens Ferner ist erfahrener Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht mit über einem Jahrzehnt Berufspraxis und widmet sich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht und anspruchsvolles IT-Recht inkl. IT-Sicherheitsrecht - ergänzt um Arbeitsrecht mit Fokus auf Managerhaftung. Von Verbrauchern werden allein Strafverteidigungen und im Einzelfall Fälle im Arbeitsrecht übernommen!
Rechtsanwalt Jens Ferner

Von Rechtsanwalt Jens Ferner

Rechtsanwalt Jens Ferner ist erfahrener Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht mit über einem Jahrzehnt Berufspraxis und widmet sich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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