Schutzfähigkeit einer literarischen Figur: Miss Moneypenny

In einer aktuellen Entscheidung hat sich das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (Az. 5 U 83/23) umfassend mit der Frage beschäftigt, ob und unter welchen Bedingungen die Figur „Miss Moneypenny“ aus der James-Bond-Reihe als literarische Figur schutzfähig ist.

Die Klägerin, Rechteinhaberin der James-Bond-Filmserie, beantragte einen Sonderrechtsschutz für die Figur. Zentral war hierbei, ob die literarische Figur „Miss Moneypenny“ aufgrund ihrer Bekanntheit und Individualität eigenständig schutzfähig ist oder ob sie zu sehr mit dem Hauptcharakter und dem Gesamtwerk „James Bond“ verknüpft bleibt.

Sachverhalt

Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass „Miss Moneypenny“ über eine eigenständige Identität verfügt und als Symbol für Professionalität, Loyalität und besondere zwischenmenschliche Bindung zu „James Bond“ verstanden wird. Sie argumentierte, dass diese spezifischen Eigenschaften eine unverwechselbare Charakterdarstellung bilden, die Schutz durch und wettbewerbsrechtliche Vorschriften verdient. Sie berief sich auf den markenrechtlichen Titelschutz nach § 5 Abs. 3 des Markengesetzes (MarkenG) sowie auf die Verkehrsgeltung und die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit der Nutzung des Namens durch die Beklagte.


Rechtliche Analyse

Werktitelschutz und Markenrecht

Das Gericht prüfte zunächst, ob die literarische Figur unter das Markengesetz fallen könnte. Dabei betonte das Gericht, dass Werktitelschutz gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG für Figuren möglich ist, die sich durch eine klar erkennbare und einprägsame Gestaltung auszeichnen. In der Entscheidung „Pippi-Langstrumpf-Kostüm I“ hat der klargestellt, dass Figuren wie „Pippi Langstrumpf“ aufgrund ihrer eindeutigen Merkmale und ihres „Eigenlebens“ vom Hauptwerk getrennt wahrgenommen und somit markenrechtlich geschützt werden können.

Im Fall „Miss Moneypenny“ stellte das Gericht jedoch fest, dass die Figur keinen ausreichend definierten, individuellen Charakter aufweist. „Miss Moneypenny“ erscheint in fast allen James-Bond-Filmen, wird aber überwiegend in ihrer Rolle als Sekretärin des Geheimdienstchefs „M“ wahrgenommen. Ihre Eigenschaften – Professionalität, Loyalität und gelegentlicher Flirt mit „James Bond“ – wurden als zu unspezifisch und variabel bewertet, um ein eigenständiges „Bild“ zu vermitteln, das über die Darstellung in den Filmen hinausgeht.

Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz

In Bezug auf den wettbewerbsrechtlichen Schutz prüfte das Gericht, ob die Figur durch „Character Merchandising“ geschützt sein könnte, das heißt, durch eine wirtschaftliche Verwertung, die auf der Popularität und dem symbolischen Wert der Figur basiert. Der Bundesgerichtshof hatte in einem vergleichbaren Fall jedoch entschieden, dass wettbewerblicher Schutz nur dann gerechtfertigt ist, wenn das Interesse an der wirtschaftlichen Verwertung der Figur überwiegend ist und keine anderen Schutzmechanismen wie das Marken- oder Urheberrecht greifen. Das Gericht entschied, dass dies hier nicht zutreffe, da keine hinreichend konkrete Nutzung im geschäftlichen Verkehr vorlag und die Klägerin zudem keinen urheberrechtlichen Schutz für „Miss Moneypenny“ geltend machen konnte.

Schutzfähigkeit einer literarischen Figur: Miss Moneypenny - Rechtsanwalt Ferner

Diese Entscheidung zeigt, dass literarische Figuren nur dann als eigenständig schutzfähig angesehen werden, wenn sie eine klare, vom Hauptwerk losgelöste Identität besitzen. Für Figuren, die vornehmlich in ihrer Rolle innerhalb eines Werkes oder durch ihre Beziehung zu anderen Figuren definiert sind, sind die rechtlichen Hürden für einen eigenständigen Schutzstatus sehr hoch.

Fazit

Die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Schutzfähigkeit literarischer Figuren. Im Ergebnis verneinte das Gericht die Möglichkeit eines eigenständigen Schutzes für „Miss Moneypenny“, da die Figur zu stark mit dem Hauptwerk und der Figur „James Bond“ verknüpft ist und ihre Charaktereigenschaften zu diffus sind, um als eigenständiger Werktitel oder wahrgenommen zu werden. Die Klägerin konnte daher weder auf markenrechtlicher noch auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage einen Schutz für die Figur durchsetzen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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