Pflichtverteidigung bei drohendem Bewährungswiderruf: Immer wieder tun sich Gerichte damit schwer, einen Pflichtverteidiger beizuordnen, obwohl neben der neu zu verhandelnden Anklage in bereits laufender Bewährung ein Widerruf droht.
Der Widerruf von Bewährungen gehört zum strafprozessualen Alltag – allerdings ist hier nach unserer Erfahrung viel verstecktes Potenzial – das wegen der kurzen Beschwerdefrist oft untergeht! Gerade Amtsgerichte unterschätzen die besonderen Umstände und nehmen gerne vorschnell, etwa bei nur mangelndem Kontakt mit dem Bewährungshelfer, einen Widerrufsgrund an. Beachten Sie unseren zusammenfassenden Beitrag zum Thema Bewährungswiderruf.
Hier gilt aber, dass bei der Beurteilung, ob eine Tat als „schwer“ im Sinne von § 140 Abs. 2 StPO anzusehen ist, neben der zu erwartenden Rechtsfolge für die verfahrensgegenständliche Tat auch solche weitere Freiheitsstrafen aus anderen Verfahren zu berücksichtigen sind, deren Verbüßung aufgrund eines Bewährungswiderrufs im Falle der Verurteilung droht:
Die nach der vorgenannten Norm maßgebliche „Schwere der Tat“ beurteilt sich vor allem nach der zu erwartenden Rechtsfolgenentscheidung, wobei regelmäßig ab einer Straferwartung von einem Jahr Anlass zur Beiordnung eines Verteidigers besteht (stRspr; KG Berlin StV 2019, 175 [2] m.w.N.; Schmitt, in: Meyer-Goßner, a.a.O., § 140 StPO Rn. 23 m.w.N.). Nach gefestigter Rechtsprechung, auch der des Senats, sind hierbei neben der Rechtsfolge für die verfahrensgegenständliche Tat auch sonstige schwerwiegende unmittelbare oder mittelbare Nachteile zu berücksichtigen, die der Angeklagte zu gewärtigen hat (OLG Hamm NStZ-RR 2001, 107; OLG Hamm VRS 100, 307; OLG Celle, Beschluss vom 30.05.2012, Az: 32 Ss 52/12 – juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.01.2014, Az: 8 Ss 259/13 – juris; KG Berlin BeckRS 2016, 129697; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.08.2019, Az: 1 Ws 179/18 – juris). Hierzu gehört insbesondere auch ein drohender Bewährungswiderruf (OLG Hamm VRS 100, 307; OLG Celle, Beschluss vom 30.05.2012, Az: 32 Ss 52/12 – juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.01.2014, Az: 8 Ss 259/13 – juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.08.2019, Az: 1 Ws 179/18 – juris).
Oberlandesgericht Hamm, 5 RVs 6/20
Ab einer zu erwartenden Gesamtverbüßungsdauer von einem Jahr ist dabei regelmäßig die Mitwirkung eines Verteidigers geboten.
Pflichtverteidiger-Kontakt
- Wir bieten professionelle Pflichtverteidigung, ohne Zuzahlung ab Beiordnung – die Pflichtverteidigung ist bei uns eine vollwertige Strafverteidigung durch Fachanwälte für Strafrecht (keine Berufsanfänger, keine Terminsvertreter!)
- Kurzes Prozedere: Wenn Sie die Aufforderung vom Gericht erhalten haben, einen Verteidiger zu benennen, rufen Sie an – wir kümmern uns um alles!
- Wir stehen für eine Pflichtverteidigung zur Verfügung an Amtsgerichten und Landgerichten in den Gerichtsbezirken der Oberlandesgerichte Köln, Düsseldorf und Karlsruhe (Auflistung der konkreten Gerichte in unserer FAQ); in anderen Gerichtsbezirken übernehmen wir im Einzelfall nach Rücksprache. Im Sexualstrafrecht übernehmen wir keine Pflichtverteidigungen, bei Landgerichten machen wir Ausnahmen im Einzelfall.
- Zwingende Bedingungen sind: Korrespondenz per Mail, nur nach Maßgabe des Anwalts per Telefon oder Videobesprechung; Anzahl und Umfang der Schriftsätze, Besprechungsdauer und -häufigkeit allein nach Ermessen des Anwalts, wobei es immer mindestens zwei persönliche Besprechungen gibt
Übrigens, auch gerne übersehen: Im Falle einer Verurteilung ist bei der Strafzumessung gem. § 46 Abs. 1 S. 2 StGB zu berücksichtigen, ob durch den voraussichtlichen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung ein insgesamt längerer Freiheitsentzug droht. Dies muss sich auf die Strafzumessung erheblich auswirken.
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