Nachdem das BVerwG klargestellt hat, dass die einmalige Fahrt nach Cannabiskonsum nicht zur Entziehung der Fahrerlaubnis reicht, wenn keine MPU angeordnet wurde, stellen sich zunehmend Fragen der Praxis. Insbesondere hochgradig kritisch ist bei Anordnung eines MPU-Gutachtens die maßgebliche Gutachtenfrage bei (nur) gelegentlichem Cannabis-Konsum. Das VG Oldenburg (7 B 392/20) hat sich in einem stilblütenreichen Beschluss recht genervt zur Frage geäußert.
Tatsächlich kommt das VG zu dem Schluss, dass die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Aufforderung, ein Gutachten beizubringen, in dem dortigen Sachverhalt nicht vorlag, weil die entsprechende Aufforderung der Fahrerlaubnisbehörde rechtswidrig sein dürfte. Dies nämlich, weil bei der dort gegebenen Konstellation zum damaligen Zeitpunkt, zu welchem nämlich der gelegentliche Konsum des Antragstellers bereits feststand, eine weitere Nachfrage nach seinem Cannabiskonsum von vornherein verboten war und …:
(…) insbesondere angesichts der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (Urteil vom 11. April 2019 – 3 C 13/17 u.a. –, juris) und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes (Beschluss vom 17. September 2019 – 12 ME 100/19 –, juris) aus dem vergangenen Jahr zum Trennungsgebot /-vermögen – danach nach Meinung des beschließenden Gerichts allein nur noch zu fragen gewesen wäre, ob zu erwarten stünde, dass er auch in Zukunft erneut ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss des Aktivwirkstoffes THC von Cannabis im Straßenverkehr führen werde (Frage nur nach dem Trennungsvermögen), nachdem er zuvor/früher nur einmal (insoweit unzureichend erst ein einziges Mal) dabei angetroffen worden war.
Hier ist der Antragsgegner über diese Fragestellung rechtswidrig hinausgegangen, indem er auch in der ersten Frage auf „Hinweise“ zum Cannabiskonsum aufmerksam gemacht und dazu nach dem sicheren Führen eines Kraftfahrzeuges gefragt hat. Darauf aber kommt es nicht an. Diese erstgestellte Frage schießt über das eigentliche Ziel hinaus. Nur die Frage Teil 2, die sodann – im Anschluss erst – nach der Trennung von Konsum und Fahren fragt, wird dem der Sache nach allein zutreffenden Untersuchungsziel gerecht.
VG Oldenburg, 7 B 392/20
Darüber hinaus stellt das VG klar, dass angesichts der jüngeren Entscheidungen Zum Thema Cannabis im Strassenverkehr ein Abstinenznachweis gerade eben nicht erforderlich ist und ein solcher weder von der Fahrerlaubnisbehörde noch vom Institut zur Voraussetzung gemacht werden darf, die MPU erfolgreich zu gestalten.
Die Entscheidung erging im einstweiligen Rechtswege und ist vor dem Hintergrund der Besonderheit eines Erlasses des Nds. MW vom 24. April 2019 zu sehen. Gleichwohl zeigt sich auf, dass gerade der Bereich der Anordnung der MPU und auch Ihrer Durchführung erheblicher rechtlicher Prüfungsproblematik ausgesetzt sein kann.
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