Mietrecht: Fristlose Kündigung durch Vermieter wegen Beleidigung und nächtlicher Ruhestörung

Das Landgericht Köln (10 S 139/15) konnte sich nochmals zur fristlosen Kündigung des Mieters durch den Vermieter u.a. im Fall der äussern, dazu auch hier bei uns. Insoweit hält das Landgericht die entsprechende Rechtsprechung fest, nach der Störungen eines gewissen Ausmaßes ausreichend sind um die fristlose Kündigung auszusprechen:

Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist durch die fristlose Kündigung der Klägerin vom 30.07.2014 wirksam beendet worden, da ein wichtiger Grund im Sinne des §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB vorliegt. Ein solcher ist gegeben, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist unter Hausfrieden das Erfordernis gegenseitiger Rücksichtnahme durch die Nutzer von Wohnräumen und sonstigen Räumen in einem Gebäude zu verstehen (Palandt, BGB, 75. Auflage, 2016, § 569 Rz. 11 mwN); jede Partei muss bei der Ausübung ihrer sich aus dem Mietvertrag ergebenden Rechte dafür Sorge tragen, dass die (anderen) Mieter nicht mehr als unvermeidlich beeinträchtigt werden (LG München, NJW-RR 2013, 14; Schmidt-Futterer, Blank, Mietrecht, 12. Auflage, 2015, § 569 BGB, Rz. 19). Für die von § 569 Abs. 2 BGB vorausgesetzte Nachhaltigkeit der Störung genügen regelmäßig weder einmalige noch vereinzelte Vorfälle, wohl aber wiederholt auftretende Beeinträchtigungen (Schmidt-Futterer, Blank, aaO Rz. 22; LG München, NJW-RR 2013, 14). Diese müssen zudem eine schwerwiegende Verletzung des gegenseitigen Rücksichtnahmegebotes darstellen (BGH, NJW 2015, 1239); hingegen können Störungen, die bloß dem Bagatellbereich zuzuordnen sind und nur zu Lästigkeiten führen, eine auf § 569 Abs. 2 BGB gestützte Kündigung nicht rechtfertigen (OLG Düsseldorf, GuT 2007, 438). Zuletzt muss die nachhaltige Störung des Hausfriedens bewirken, dass eine Vertragsfortsetzung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist, wofür das Empfinden eines verständigen objektiven Dritten maßgeblich ist. In die insoweit erforderliche Abwägung der Umstände des Einzelfalls sind insbesondere Schwere und Auswirkungen der Störung sowie der Grad des Verschuldens einzustellen (Schmitt-Futterer, aaO, Rz. 23; Mössner in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 569 BGB, Rz. 75).


Im vorliegenden Fall war es dann die Kombination aus verschiedenen Störungen die sich auswirkte, aber eben auch die jeweils nachhaltige Störung im Einzelfall, wobei eine doch recht überschaubare Beleidigung ebenfalls nachteilig war:

Diese Störungen waren auch nachhaltig. Denn sie stellen sich nicht als Einzelfälle, sondern als konsequente Fortsetzung der festgestellten vorherigen Beeinträchtigungen des Zeugen X dar; so waren vergleichbare Verhaltensweisen bereits zuvor mehrfach durch die Beklagte an den Tag gelegt und von der Klägerin abgemahnt worden. Dies gilt insbesondere für die wiederholt beanstandeten nächtlichen Ruhestörungen, insbesondere durch laute Musik, und das mehrmalige Verschmutzen der Terrasse des Zeugen X. Aber auch die Beleidigung des Zeugen als „blöder Sack“ war nicht die erste Ehrverletzung durch die Beklagte zu seinem Nachteil, sondern liegt auf einer Linie mit der wenige Monate vorangegangenen Frage, ob dieser „noch ganz richtig im Kopf“ sei, die ebenfalls Gegenstand einer war. Zwar sind die in den Abmahnungen aufgeführten Pflichtverletzungen der Beklagten als eigenständige Kündigungsgründe verbraucht; dies ist aber nicht damit gleichzusetzen, dass ihnen keine Bedeutung mehr zukäme. Vielmehr verleiht der Umstand, dass die Beklagte bereits in der Vergangenheit wegen zahlreicher gleich gelagerter Vertragsverletzungen abgemahnt worden war, den neuerlichen, im Kündigungsschreiben angeführten Pflichtverletzungen erst ihr Gewicht. Denn vor diesem Hintergrund erscheinen sie als unbeirrte Fortsetzung des rücksichtslosen Verhaltens der Beklagten gegenüber ihren Mitmietern, insbesondere gegenüber dem Zeugen X. Diese Störungen weisen dabei nicht nur aufgrund ihrer Häufigkeit, sondern auch aufgrund ihrer Erheblichkeit den Charakter der Nachhaltigkeit auf. Dabei hat die Kammer nicht übersehen, dass Beleidigungen als vorsätzliche Straftaten regelmäßig zwar als erhebliche Pflichtverletzungen zu bewerten sind, eine fristlose Kündigung aber wegen der oftmals nur geringen Folgen dieses Fehlverhaltens nur bei wiederholten oder besonders schwerwiegenden Ehrangriffen gerechtfertigt erscheint (Schmidt-Futterer, aaO, § 569 Rz. 24; Mössner in: Herberger/Martinek/Rüßmann, aaO, § 569 BGB, Rz. 75, 93 mwN). Vorliegend tritt aber neben die Beleidigung auch die nächtliche Ruhestörung, bezüglich derer anerkannt ist, dass sie bei häufigerem Auftreten – sei es durch Zuschlagen von Türen, sei es durch lautstarke Musik – eine erhebliche Pflichtverletzung und nachhaltige Störung des Hausfriedens darstellt (vgl. Palandt, aaO, § 569 Rz. 13 mwN). Insoweit ist es entgegen dem Berufungsvorbringen auch ohne Belang, ob ein Haus besonders hellhörig ist; denn die Bewohner eines Miethauses haben ihr Verhalten stets an dessen Beschaffenheit auszurichten (Mössner in: Herberger/Martinek/Rüßmann, aaO, § 569 BGB, Rz. 98 mwN). Berücksichtigt man nun, dass die Beklagte zudem durch das wiederholte Verschmutzen der Terrasse des Zeugen X eine Pflichtverletzung gezeigt hat, die bereits für sich betrachtet ebenfalls als schwerwiegend anzusehen ist, besteht an der Nachhaltigkeit der Störung des Hausfriedens durch die Beklagte kein Zweifel.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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