Domainrecht: .eu-Domains nicht für Unternehmen ausserhalb der EU

Die zweite Kammer des EUGH (C‑376/11) hat sich in einer heute verkündeten Entscheidung mit dem Recht beschäftigt, eine .eu-Domain zu erhalten. Meines Erachtens verfehlt wäre es, diese Entscheidung auf die Aussage zu reduzieren, dass nur Unternehmen (und Privatpersonen) innerhalb der EU eine .eu-Domain registrieren können.

Das hat der EUGH so schon nicht entschieden, weil er diese Frage gar nicht entscheiden musste – vielmehr ging es um die Frage, wie restriktiv die Vorgaben zur Vergabe von .eu-Domains zu handhaben sind. Und der EUGH hat an dieser Stelle eine klare Linie gezogen: Ein Umgehen des Grundsatzes der Vergabe nur an Personen mit Sitz in der EU – seien sie nun juristische oder natürliche Personen – wird faktisch kaum möglich sein.

Die Hintergründe der Entscheidung sind sowohl tatsächlich als auch rechtlich sehr kompliziert. Ich versuche im Folgenden, die Angelegenheit vereinfacht darzustellen um mich auf die letztlich entschiedene Frage zu konzentrieren!

Rechtliche Grundlagen

Es gibt zwei relevante EG-Verordnungen: Als erstes die EG-Verordnung 733/2002, mit der sozusagen die „Rahmenbedingungen“ für die Einrichtung der eu-Domain (Im Kern ging es um ein „Wir wollen die Domain unter folgenden Voraussetzungen“) geschaffen wurden. Basierend auf dieser Verordnung wurde später die EG-Verordnung 874/2004 erlassen, die die Details regelt, vor allem Grundregeln der Registrierung der Domain. Erstere Verordnung regelt nun auch, dass die .eu-Domain registriert werden kann von Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen, die ihren Sitz in der EU haben.

Zur Erinnerung: gestaffelter Ablauf

Wer sich nicht erinnert: Die Registrierung der Domains lief gestaffelt in zwei Phasen. In der ersten Phase, das sieht Art.12 II der 874/2004 vor, wurden Anmeldungen von Begriffen bearbeitet, denen ein besonderer Schutz zu Grunde lag. Eine eingetragene etwa ist hierunter zu verstehen. Dabei sieht die Richtlinie vor, dass zur Anmeldung u.a. auch „Lizenznehmer früherer Rechte“ berechtigt waren.

Die Umgehung

Wie Eingangs erwähnt denke ich, ist der genaue Sachverhalt zu kompliziert. Vereinfacht war es so: Ein Unternehmen aus den USA hat dort eine Marke angemeldet, die man gerne als .eu-Domain sichern wollte. Nun arbeitete man mit einem Unternehmen in Europa zusammen, das die gewünschte Domain vorbestellen sollte. Dabei erfand man folgendes Konstrukt: Das Unternehmen in Europa erwarb ein Recht an der Marke. Allerdings war es alleine das Recht, eine mit der Marke gleichlautende Domain zu erwerben. Dies dann auch nur im Namen und auf Rechnung des US-Unternehmens. Weitere Nutzungsrechte wurden nicht vereinbart. Letztlich registrierte also ein europäisches Unternehmen die Domain, tatsächlich aber nur als Strohmann für das US-Unternehmen.

Ein anderes europäisches Unternehmen, das zu kurz kam bei dieser Domain, stritt sich nun um die Domain. Am Ende lief es dann auf die Frage hinaus, ob die vorzeitige Anmeldung in Phase 1 rechtmäßig war oder nicht.

Nun war die Frage, ob man diesen Strohmann bei einer derartigen Konstruktion als „Lizenznehmer früherer Rechte“ zu verstehen hat, zumal an dieser Stelle in der Verordnung keine Eingrenzung auf den Sitz innerhalb der EU mehr erfolgt ist.

Die Entscheidung des EUGH

Der EUGH hat festgestellt, dass man bei der Schaffung der .eu-Domain den Binnenmarkt der EU im Auge hatte und hiesige Unternehmen stärken wollte. Dass im Ergebnis ein europäisches Unternehmen gegenüber einem EU-Unternehmen das Nachsehen haben soll, weil man sich eines „Strohmanns“ bedient, ist für den EUGH nicht hinnehmbar. Daher führte er aus, dass auch Lizenznehmer das Kriterium der Anwesenheit im Hoheitsgebiet der Union erfüllen müssen, die Verordnung an der Stelle ergänzend zu lesen ist. Damit wird deutlich, welche Relevanz dem Sitz des Antragstellers insgesamt zukommt.

Daneben stellt der EUGH klar, dass an die Vereinbarung zur Registrierung der Domain hohe Anforderungen zu stellen sind. Der EUGH betrachtet die getroffene Vereinbarung sehr genau und kommt am Ende zum Ergebnis, dass hier schon gar kein echter Lizenzvertrag vorliegt, sondern vielmehr ein „Dienstleistungsvertrag“. Wenn, dann ist nämlich zu fordern, dass auch „echte Rechte“ übertragen werden, insbesondere der Lizenznehmer andere von der Benutzung der Marke ausschliessen kann. Dies vorliegend offensichtlich nicht der Fall, ein „Strohmann-Vertrag“ wird eine solche Anforderung auch nie erfüllen können.

Ergebnis

Im Ergebnis wurde die .eu-Domain weiter gestärkt. Der EUGH hat klar gestellt, dass Strohmann-Vereinbarungen keinen Bestand haben werden. Wer auf Grund vermeintlich bestehender Rechte eine .eu-Domain registrieren bzw. durchsetzen möchte, der muss nicht nur pro Forma hier ansässig sein. An der Stelle lese ich die Entscheidung des EUGH so, dass nicht nur derjenige, der die Domain registriert, sondern auch derjenige der später die Rechte an ihr geltend macht, seinen Sitz in der EU haben muss.

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Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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