Auch das LG Flensburg (V Qs 26/21) konnte sich zur Beweisverwertung bei Encrochat äußern, hat dabei nichts Neues zu bieten, geht aber nochmal auf den Aspekt der Fehler auf Seiten der ausländischen Ermittler ein, um dann klarzustellen, dass jegliche Kritik an der Stelle nicht weiterhilft:
Ein Verwertungsverbot der erlangten Daten ergibt sich auch nicht daraus, dass möglicherweise auf französischer Seite bei der Datenerhebung Rechtsfehler begangen sein könnten.
Aufgrund der Besonderheiten der Rechtshilfe sind die Maßstäbe für die Verwertbarkeit von Erkenntnissen, die aus einer inländischen Maßnahme einerseits und einer ausländischen andererseits stammen nicht völlig identisch, wenn es – wie hier – um die Verwertung von bereits außerhalb der Rechtshilfe vorhandenen ausländischen Überwachungsergebnissen geht (…).
Während für die Verwertbarkeit von im Inland durch eine Telekommunikationsüberwachung oder Online-Durchsuchung erlangter Daten eine umfassende Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen – jedenfalls auf Widerspruch des Beschuldigten hin – durchgeführt wird, gilt dies nicht für Informationen, die im Rahmen eines im Ausland betriebenen Strafverfahrens gewonnen und nicht aufgrund eines Rechtshilfeersuchens erhoben worden sind (…). Ein von den deutschen Vorschriften abweichendes Verfahren in dem Staat, in dem die Beweise erhoben wurden, lässt die prinzipielle Verwertbarkeit der erhobenen Beweise regelmäßig unberührt, das gilt auch dann, wenn prozessuale Rechte Verfahrensbeteiligter betroffen sind (…).
Selbst dann, wenn ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens oder andere durch die EMRK garantierte Verfahrensrechte vorlägen, würde dies nicht zu Unverwertbarkeit der Beweise führen, sofern der Verstoß nicht in den Einflussbereich der deutschen Strafverfolgungsbehörden fällt und diese auch keine kompensierende Maßnahmen ergreifen können, denn selbst aus der EMRK folgt keine allgemeine Zurechnung des Verfahrensgangs im Ausland (…).
Entsprechende Unterschiede im Verfahrensrecht finden aber innerhalb der Beweiswürdigung Berücksichtigung (…). Nur, wenn die Modalitäten der Beweisgewinnung gegen elementare rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen, beispielsweise durch Folter erlangte Beweise vorliegen, soll ein Verwertungsverbot greifen (…). Somit unterliegt die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Erhebung der Daten im Ausland einem eingeschränkten Prüfungsmaßstab, und beschränkt sich darauf, ob die Beweiserhebung unter Verletzung völkerrechtlich verbindlicher und dem Individualrechtsgüterschutz dienender Garantien wie beispielsweise Art. 3 EMRK oder unter Verstoß gegen den sogenannten ordre public (§ 73 IRG) erfolgt ist (…). Insofern kann letztlich auf die durch § 136a StPO gezogenen absoluten Grenzen zurückgegriffen werden …
Es verbleibt wenig überraschend bei der von den OLG festgezurrten Linie.
Hinweis: Zum Thema Kryptomessaging und Beweisverwertungsverbot findet sich von RA JF in der Literatur eine Darstellung bei §174 TKG Rn. 4, 35 im BeckOK-StPO (Beweisverwertungsverbot und EUGH-Rechtsprechung) sowie in jurisPR-StrafR 11/2023 Anm. 4 (LG Darmstadt)!
Beachten Sie auch die zahlreichen Beiträge in unserem Blog zum Schlagwort „Kryptomessenger“!
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- Schätzung von Besteuerungsgrundlagen - 28. November 2023