Anhand der Rechtsprechung zum Begriff „Detox“ lässt sich sehen, welche Wege das Lebensmittelrecht im Bereich der Bewerbung von Produkten einschlägt: Wenn ein Kunstwort letztlich auch nur (naheliegend) vom Verbraucher missverstanden werden kann, so wird dies schnell zu einer Unzulässigkeit führen.
Maßgeblich ist dabei, wie Angaben über Lebensmittel vom Verbraucher verstanden werden, wobei auf das Verständnis des normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Es wird also in jedem Einzelfall geprüft, wie eine konkrete Bezeichnung vom Verbraucher verstanden wird (nicht: wie sie vielleicht gemeint ist oder auch verstanden werden könnte!). So führte das OLG Celle (13 U 77/15) zum Begriff „Detox“ aus:
Unabhängig von der genauen Herleitung dieses Kunstwortes verstehen jedenfalls wesentliche Teile der normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dessen Bedeutungsgehalt aber aufgrund der Kombination der Silben „De“ und „tox“.
Bei der Schlusssilbe „tox“ liegt ein Zusammenhang mit Begriffen wie „Toxin“ oder „toxisch“ nahe, die auch ohne nähere Fremdsprachenkenntnisse im Deutschen geläufig sind und sich auf Gifte beziehen. Mit der Vorsilbe „De“ wird der Bedeutungsgehalt einer Verringerung oder Herabsetzung verknüpft (…)
Diese Wertung hatte der BGH (I ZR 71/16) ausdrücklich bestätigt, dabei hatte er auf die sonstige Verwendung des Begriffs auch Bezug genommen:
Das Berufungsgericht hat nachvollziehbar dargelegt und näher begründet, dass die mögliche Verbindung des Begriffs „Detox“ mit einem „Wellness-Trend“ nicht aus dem Begriffsverständnis im Sinne einer Entschlackung oder Entgiftung herausführt und das Verständnis des Verbrauchers nicht auf ein modisches Lifestyle-Produkt verengt ist.
Soweit es in diesem Zusammenhang angenommen hat, auch diejenigen Verbraucher, die mit dem Begriff „Detox“ einen „Wellness-Trend“ assoziierten, stellten eine Verbindung mit einer entschlackenden oder entgiftenden Wirkung her, ist es nicht von einer gespaltenen Verkehrsauffassung ausgegangen. Im Hinblick auf die Annahme einer solchen Wirkung kann die Bezeichnung „Detox“ – anders als die Revision meint – nicht als „wolkiges Lifestyle-Wort“ angesehen werden, das nicht über eine allgemeine werbliche Anpreisung hinausgeht.
Dieser Rechtsprechung hatten sich schon vor dem BGH das Oberlandesgericht Düsseldorf (20 U 75/15) und das OLG Bamberg (3 U 32/16) angeschlossen.
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Dabei war allen Gerichtsverfahren immanent, dass gestritten wurde darum, wie nun das Wort vom Ursprung her zu verstehen sein soll – letztlich kann dies dahin stehen, denn wie man sieht kommt es darauf an, wie nun ein verständiger Verbraucher (aus Sicht des Gerichts!) die Bezeichnung versteht und was er damit verbindet. Langatmige akademische Diskussionen sind da fehl am Platz.
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