Das Landgericht Aachen (8 O 355/15) konnte richtiger Weise feststellen, dass in dem Fall, in dem keine ordnungsgemäße Rechnungsstellung erfolgt, ein Zurückbehaltungsrecht – hier bezüglich der Geschäftsraummiete – geltend gemacht werden kann und eine Zahlung nicht erfolgen muss.
Zurückbehaltungsrecht wenn keine Rechnung ausgestellt wird
Dabei kann zwar auch im Fall der Aufnahme aller wesentlichen Umstände und erklärungsbedürftigen Informationen in den Mietvertrag hierin eine solche Rechnung erkannt werden – das aber setzt eben voraus, dass der Vertrag umfassend alles auflistet, inklusive der Umsatzsteuer-ID:
Wegen der Nichterteilung einer Dauermietrechnung stand der Beklagten auch ein Zurückbehaltungsrecht zu, so dass der eingetretene Verzug mit Wirkung ex nunc beendet worden ist. (…) Die Beklagte hat auch einen Anspruch auf eine Dauermietrechnung. Denn will der Mieter die auf die Miete und die Betriebskosten geleistete Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzuges geltend machen, benötigt er hierzu (…) eine Rechnung im Sinne des § 14 UStG. Als solche kommt jede Urkunde in Betracht, aus der der Leistende, der Leistungsempfänger, die Menge und Art der Leistung, der Zeitraum der Leistung und der auf das Entgelt entfallende Umsatzsteuerbetrag erkennbar sind. Es müssen also sowohl das Nettoentgelt als auch der Betrag der Umsatzsteuer genannt werden (OLG Rostock, Urteil v. 12.03.2007 – 3 U 67/06).
Grundsätzlich kommen dabei als Rechnungen im Sinne des § 14 UStG alle Verträge in Betracht, aufgrund derer ein Vertragspartner zu regelmäßigen Teilzahlungen verpflichtet ist. Die in einem solchen Vertrag enthaltene gesonderte Inrechnungstellung der Steuer muss jedoch wie bei jeder anderen Abrechnungsform eindeutig, klar und unbedingt sein (Grune, in: Peter/Burhoff/Stöcker, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 14 Rn. 30, 104. Lfg. 2013). In jedem Fall ist für die Anerkennung eines Vertrags als Rechnung Voraussetzung, dass er alle Angaben enthält, die § 14 IV UStG fordert (Grune, in: Peter/Burhoff/Stöcker, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 14 Rn. 32, 104. Lfg. 2013).
Kein Zurückbehaltungsrecht wenn Rechnungskopie vorgelegt wird
Das Landgericht Aachen (41 O 44/17) hat entschieden, dass der Rechnungsempfänger keinen Anspruch darauf hat, dass im als Unternehmer eine Rechnung mit Mehrwertsteuerausweis im Original übergeben wird, denn die Vorlage einer Kopie ist ausreichend:
Das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten greift jedoch nicht, da die Klägerin spätestens im Prozess Kopie der streitgegenständlichen Rechnung vorgelegt hat. Dies reicht entgegen der Auffassung der Beklagten aus. Im hier maßgeblichen Jahr 2016 war die Umsatzsteuervoranmeldung mittels amtlich vorgeschriebenen Datensatzes durch Datenfernübertragung nach Maßgabe der Steuerdatenübermittlungsverordnung authentifiziert zu übermitteln (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG und § 48 Abs. 1 Satz 2 UStDV sowie Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 02.10.2015 zu Dokument 2015/0875211). Bei solchen fernübermittelten Unterlagen macht es aber im Vorsteuervergütungsverfahren keinen Unterschied, ob ein vom Rechnungsaussteller selbst erstelltes Dokument, das als Kopie des Originaldokumentes ausgewiesen ist, oder eine vom Antragsteller selbst erstellte Kopie des Originaldokumentes elektronisch übermittelt wird, da weder die Neufassung des § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV noch die vorherige Fassung die Auffassung zulassen, dass nicht eine Rechnungskopie, sondern nur das Original der Rechnung unmittelbarer Ausgangspunkt der elektronischen Übersendung sein darf (so: Finanzgericht Köln, Entscheidung vom 11.05.2016, Aktenzeichen 2 K 2123/13, Juris; bestätigt durch BFH, Urteil vom 30.8.2017, XIR 25/16).
Zwar waren in der Vergangenheit mit dem in Papierform bei der Umsatzsteuervergütung zu stellenden Antrag die maßgeblichen Rechnungen als Originale in Papierform vorzulegen. Hierdurch konnte das Finanzamt auf den Originalrechnungen Markierungen anbringen, die eine wiederholte mißbräuchliche Nutzung einer Rechnung zu Vergütungszwecken verhinderte und zugleich sicherstellte, dass der Antragsteller im Besitz der Originaldokumente war. Weiterhin konnte geprüft werden, ob an dem Original Manipulationen vorgenommen worden sind.
Mit Umstellung des Verfahrens auf die digitale Übermittlung sollen Originalrechnungen jedoch nur noch bei begründeten Zweifeln in Papierform angefordert werden (§ 61 Abs. 2 Satz 4 UStDV). In den übrigen Fällen verzichtet die Verwaltung aus verfahrensökonomischen Gründen darauf, die Originalrechnung hinsichtlich ihrer Authenzität zu überprüfen und im Hinblick auf eine künftige Verwendung zu markieren. Aus diesen Gründen hat das Finanzgericht Köln in der oben genannten Entscheidung bei einem Fall mit Auslandsbezug die Vorlage einer Originalrechnung grundsätzlich nicht mehr für erforderlich erachtet. Denn eine Kopie stellt ein Abbild eines Originaldokumentes dar, so dass es keinen Unterschied macht, ob das Originaldokument zur elektronischen Übersendung vermittelt worden ist oder eine Kopie des Originaldokumentes. In beiden Fällen kann das Finanzamt weder das Originaldokument im Hinblick auf seine Authenzität prüfen noch hieran Markierungen anbringen. Damit kann es aber auch eine mißbräuchliche Verwendung einer Originalrechnung in einem anderen Verfahren zu Vorsteuererstattungszwecken nicht wirksam verhindern, so dass die Übersendung einer Kopie ausreicht.