AGB-Recht: Kündigung auch per E-Mail möglich – trotz AGB die Briefpost vorschreiben

Ich habe in der Sache unspannende, rechtlich aber sehr interessante, Angelegenheit gegen einen Stromanbieter geführt: Es geht um die Frage der Form bei einer Kündigung. In den AGB des Anbieters, die dem Vertrag aus dem Jahr 2012 zu Grunde lagen, fand sich eine Klausel, die Kündigungen an eine Form gebunden hat:

„Die Kündigung ist ausschliesslich per Briefpost zu richten an […]“

Die Kündigung sollte dabei an eine vollkommen andere Anschrift gesendet werden, als diejenige Anschrift, die laut AGB die des Anbieters war. Meine Mandantschaft kündigte nun den Vertrag fristgemäß, allerdings per Email. Auf diese Email erfolgte dann, nach Ablauf der Kündigungsfrist, der Hinweis des Anbieters, dass man Kündigungen postalisch auszusprechen habe. Ich klagte sodann auf Feststellung, dass der Vertrag durch die Kündigung per EMail beendet wurde. Der Anfang eines Verfahrens, dass sich über mehr als 1 Jahr hingezogen hat.

Hinweis: Beachten Sie meinen Artikel mit der Übersicht zur Schriftform bei Kündigungen! Der BGH stellte klar, dass eine Kündigung per Mail grundsätzlich möglich sein muss, inzwischen hat der Gesetzgeber reagiert und AGB untersagt, mit denen eine Kündigung in Schriftform bei online geschlossenen Verträgen verlangt wird.

Die hiesige Argumentation

Ich war und bin der Auffassung, dass eine solche Klausel rechtswidrig ist – aus verschiedenen Gründen. So ist zu sehen, dass entsprechend §309 Nr.13 BGB gegenüber Verbrauchern solche AGB unwirksam sind, die

eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden.

Vorliegend war eine Kündigung laut AGB ausdrücklich nur per Briefpost möglich, während die gesetzliche Schriftform gerade auch durch FAX oder einen selbst eingeworfenen Brief gewahrt bleiben würde. Meines Erachtens geht man damit über das rechtlich mögliche hinaus. Weiterhin behielt sich der Anbieter in seinen AGB ausdrücklich vor, dass man für eigene Erklärungen zur Änderung des Vertrages und der AGB selbst alleine die Textform einhalten muss, somit also Erklärungen per Email diesbezüglich möglich waren. Dies ist eine überraschende Klausel, die Vertragspartner derart benachteiligt, dass die Klausel zum Briefzwang zur Kündigung unwirksam ist.

Das Amtsgericht Aachen

Das (101 C 93/13) hatte in der mündlichen Verhandlung noch in Aussicht gestellt, meiner Auffassung wohl zuzustimmen – gleichwohl wurde die am Ende abgewiesen. Die Begründung war überraschend kurz, es wurde – für mich nicht nachvollziehbar – kurz darauf verwiesen

„Die Kündigung mittels postalischer Erklärung entspricht jedoch exakt der Schriftform des §126 Abs.1 BGB.“

Im Übrigen wird kurzerhand festgestellt: „Eine Unwirksamkeit nach §307 BGB kann ebenfalls nicht festgestellt werden.“ Letzteres war angesichts der zahlreichen umfangreichen Schriftsätze beider Seiten für mich schlicht zu kurz, um überhaupt als Begründung dienen zu können. Bei der Argumentation davor handelte es sich schlicht um einen logischen Fehler, da die Argumentation ja bereits ist, dass der rechtliche Rahmen zu stark eingeschränkt ist und nicht, dass die einzig vorgesehene Kündigungs-Möglichkeit auch von der möglichen Form erfasst ist. Es folgt also die Berufung.

Landgericht Aachen: Kündigung ist möglich

Das (3 S 5/14) hat in der mündlichen Verhandlung dann den Hinweis gegeben, dass man meiner strengen Auslegung des §309 Nr.13 BGB wohl nicht folgen wird (Ich bleibe dabei: mit dem BGH mag man es anders sehen). Allerdings ist man der Auffassung, dass die Klausel in jedem Fall als überraschend einzustufen ist, da die Gegenseite sich ja nun ausdrücklich vorbehält, selber per Email Erklärungen abzugeben, die sich unmittelbar auf das Vertragsverhältnis auswirken. Dass dies zwar die eine Seite kann, nicht aber die andere, sei ebenso überraschend wie unwirksam. Nach diesem deutlichen Hinweis erfolgte sodann das der Gegenseite, es kam also nicht zu einem Urteil.

Fazit: Vorsicht bei Kündigungsvorschriften gegenüber Verbrauchern in AGB

Die Entscheidung überrascht im Ergebnis nicht, grundsätzlich sei nochmals geraten, mit speziellen Kündigungsvorschriften in AGB jedenfalls gegenüber Verbrauchern äusserst vorsichtig zu sein. Wer hier ohne Beratung agiert und dann teilweise auch noch einseitig schwierigere Formvorschriften aufnimmt, der begibt sich auf zu dünnes Eis.

Anders herum sollten Verbraucher bei Kündigungen auf Experimente verzichten: Eine Kündigung wird per Einwurf-Einschreiben ausgesprochen, gerne per Fax vorab zugesandt, und fertig. Nur so vermeidet man zeitraubende Diskussionen etwa darüber, ob die per E-Mail ausgesprochene Kündigung auch tatsächliche beim Gegner eingegangen ist.

Hinweis: Schriftform und EMails

Ebenfalls Vorsicht gilt bei der Verwendung von EMails, wenn eine Schriftform einzuhalten ist: Während eine gesetzlich vorgesehene Schriftform nur durch Einhaltung des §126a BGB bei Mails zu erfüllen ist, kann eine „normale“ Email bei vertraglich vereinbarter Schriftform ausreichen – sofern kein entgegenstehender Wille zu vermuten ist (§127 Abs.2 BGB). Letzteres aber muss erst einmal diskutiert werden und birgt enorme Risiken, wobei dann – wenn man es auf die Spitze treibt – mit dem BGH noch gefragt werden muss, ob das Formerfordernis konstitutiv erfolgt oder lediglich zu Beweissicherungszwecken. Sollte es alleine um die Beweissicherung gehen spielt die Form mit dem BGH regelmäßig keine Rolle, wenn der Zugang unstreitig ist. Viel Potential für Diskussionen und Streit.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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