Konkretisierung im Bussgeldbescheid

Bußgeldbescheide werden mitunter recht schlampig erlassen. Dabei gibt es hier hohe Anforderungen: Der Sachverhalt, in dem die Verwaltungsbehörde den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erblickt, unter Anführung der Tatsachen, die die einzelnen Tatbestandsmerkmale erfüllen, als geschichtlicher Lebensvorgang so konkret zu schildern, dass dem Betroffenen erkennbar wird, welches Tun oder Unterlassen Gegenstand der Ahndung sein soll und gegen welchen Vorwurf er sich daher verteidigen muss. Der Umfang der Tatschilderung wird maßgeblich von der Gestaltung des Einzelfalls und der Art der verletzten Vorschrift bestimmt – wie das Oberlandesgericht Hamm, 4 RBs 277/21, zu Recht hervorhebt.

Wichtig ist, dass man hier im Nachhinein nichts „heilen“ kann: Wesentlich für den Bußgeldbescheid als Prozessvoraussetzung ist seine Aufgabe, den Tatvorwurf in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht von anderen denkbaren Tatvorwürfen abzugrenzen

Diese Aufgabe erfüllt er in sachlicher Hinsicht, wenn nach seinem Inhalt kein Zweifel über die Identität der Tat entstehen kann, wenn also zweifelsfrei feststeht, welcher Lebensvorgang erfasst und geahndet werden soll. Mängel in dieser Richtung lassen sich weder mit Hilfe anderer Erkenntnisquellen, etwa dem Akteninhalt im Übrigen, ergänzen noch nachträglich, etwa durch Hinweise in der , „heilen”. Der Bußgeldbescheid erwächst, sofern er nicht angefochten wird, in Rechtskraft. Er muss daher auch selbst die für seine Wirksamkeit notwendigen Voraussetzungen erfüllen, d.h. die Gefahr einer Verwechslung mit einer möglichen gleichartigen Ordnungswidrigkeit desselben Betroffenen ausschließen (BGH NJW 1970, 2222; OLG Bamberg, Beschl. v. 18.11.2015 – 3 Ss OWi 1218/15 – juris; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.01.2020 – 1 Rb 21 Ss 967/19 – juris, jew. m.w.N.).

Natürlich muss man je nach Vorwurf unterscheiden: Während Verstöße gegen komplexe Regelwerke wie eine CoronaSchV stark individualisiert/konkretisiert sein müssen, ist dies dann anders, als etwa bei einer einfach gelagerten , bei welcher Ort und genaue Zeit alleine schon regelmäßig eine Verwechslung mit anderen, möglicherweise ähnlich gelagerten Sachverhalten ausschließen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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