Dauer bei Pflege und Erziehung eines nichtehelich geborenen Kindes: Die Ausgestaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann im Einzelfall einen besonderen Vertrauenstatbestand begründen. In einem solchen Fall kann der Vater eines nichtehelich geborenen Kindes verpflichtet sein, der Mutter auch über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus Unterhalt zu gewähren.Diese Klarstellung traf nun der Bundesgerichtshof (BGH) im Unterhaltsstreit einer Assistenzärztin, die wegen ihrer Erkrankung neben der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes nur zu einer halbschichtigen Tätigkeit in der Lage war. Der BGH wurde in diesem Fall mit einer „Widersprüchlichkeit“ des Gesetzes konfrontiert:
• Einerseits steht der nicht mit dem Vater des Kindes verheirateten Mutter ein Unterhaltsanspruch für die Dauer von mindestens drei Jahren zu, soweit von ihr wegen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Unterhalt kann aber auch darüber hinaus zugesprochen werden, wenn dies aus Billigkeitsgründen, insbesondere mit Blick auf die Belange des Kindes, geboten ist.
• Im Unterschied dazu wird einer geschiedenen Mutter wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes grundsätzlich ein unbefristeter Unterhaltsanspruch eingeräumt. Nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur kann die geschiedene Ehefrau regelmäßig erst auf eine eigene Berufstätigkeit verwiesen werden, wenn das Kind das achte (Teilzeittätigkeit) bzw. das 15. Lebensjahr (volle Erwerbstätigkeit) vollendet hat.
Für den BGH stellte sich damit die Frage, ob die grundsätzliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter auf drei Jahre dem Gleichheitsgebot und dem besonderen Schutz der nichtehelich geborenen Kinder genügt. Die Richter entschieden, dass zwar eine vollständige Angleichung des Unterhaltsanspruchs aus Anlass der Geburt an den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nicht von Verfassungs wegen geboten sei. So stelle das Grundgesetz die Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Das wirke sich wegen der nachehelichen Solidarität in besonderer Weise auf den Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten aus. Die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes könne sich demgegenüber zwar nicht in gleicher Weise auf den Schutz der Ehe und Familie berufen. Denn ihrem Anspruch könnten höchst unterschiedliche Sachverhalte zu Grunde liegen. Daher sei eine flexiblere Unterhaltsregelung geboten als beim nachehelichen Unterhalt. Der BGH machte aber auch deutlich, dass die gesetzliche Regelung verfassungsgemäß ausgelegt werden müsse. Hierbei müssten elternbezogene, insbesondere aber kindbezogene Gründe für eine Fortdauer des Unterhaltsanspruchs berücksichtigt werden. In diesen Fällen könne der Unterhaltsanspruch auch ohne weiteres über einen längeren Zeitraum bestehen (BGH, XII ZR 11/04).
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