Das Oberlandesgericht (OLG) München hat mit Urteil vom 15.03.2024 (8 Sch 58/22) eine richtungsweisende Entscheidung zur urheberrechtlichen Gerätevergütung gefällt. Die zentrale Frage war, ob digitale Speicherplätze, die im Rahmen von Cloud-Computing-Dienstleistungen angeboten werden, unter die Regelungen der §§ 54 ff. UrhG fallen und somit vergütungspflichtig sind.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Verwertungsgesellschaft, machte urheberrechtliche Vergütungs- und Auskunftsansprüche gegen einen Cloud-Dienstleister geltend. Sie argumentierte, dass die von der Beklagten angebotenen Cloud-Speicher als „Speichermedien“ und „Geräte“ gemäß § 54 UrhG zu qualifizieren seien, da sie technisch und funktional eine Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke ermöglichen. Die Klägerin forderte daher eine Gerätevergütung für den Zeitraum von 2019 bis 2021 .
Die Beklagte, ein Anbieter digitaler Cloud-Dienste, wies die Ansprüche zurück und machte geltend, dass die Bereitstellung virtueller Speicherplätze nicht mit der Herstellung oder dem Vertrieb von körperlichen Geräten gleichzusetzen sei .
Rechtliche Würdigung
Begriffsdefinitionen
Das Gericht stellte klar, dass die Begriffe „Gerät“ und „Speichermedium“ im Sinne der §§ 54 ff. UrhG an die Legaldefinition des § 90 BGB anknüpfen, wonach nur körperliche Gegenstände erfasst werden. Cloud-Speicher sind immaterielle Dienstleistungen und daher nicht von der Gerätevergütung umfasst.
Keine Analogie zu physischen Speichermedien
Die Klägerin hatte argumentiert, dass Cloud-Infrastrukturen aufgrund ihrer Funktionalitäten und technischen Ausstattung mit physischen Geräten vergleichbar seien. Diese Auffassung lehnte das OLG ab. Es führte aus, dass eine analoge Anwendung der gesetzlichen Regelungen auf Cloud-Dienstleistungen weder vom Gesetzgeber vorgesehen noch sachgerecht sei. Der Zweck der Gerätevergütung liegt in der Kompensation der Nutzung physischer Geräte zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke – ein Ansatz, der auf virtuelle Speicherlösungen nicht übertragbar ist.
Bedeutung der InfoSoc-Richtlinie
Das Gericht verwies auf die EU-InfoSoc-Richtlinie, die eine Harmonisierung der urheberrechtlichen Vergütungsregelungen vorsieht. Auch diese Richtlinie bietet keine Grundlage für die Einbeziehung digitaler Dienstleistungen in den Anwendungsbereich der Gerätevergütung.
Fazit
Die Klage wurde abgewiesen. Die Bereitstellung von Cloud-Speicherplätzen durch digitale Dienstleistungen begründet keine Vergütungspflicht nach den §§ 54 ff. UrhG. Damit stärkte das Gericht die klare Trennung zwischen körperlichen Geräten und immateriellen Dienstleistungen im Urheberrecht.
Die Entscheidung des OLG München bringt wichtige Klarheit in die Abgrenzung von Geräten und Dienstleistungen im Kontext der urheberrechtlichen Vergütung. Sie bestätigt, dass die Bereitstellung digitaler Cloud-Dienstleistungen nicht mit einer Gerätevergütung belegt werden kann, da sie nicht unter die gesetzlichen Begriffsdefinitionen fallen. Dies bietet Anbietern digitaler Speicherlösungen Rechtssicherheit und vermeidet eine Ausweitung der Vergütungspflichten in Bereiche, die vom Gesetzgeber nicht vorgesehen sind.
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