Dass Gefangene im Strafvollzug in Baden-Württemberg keinen allgemeinen Anspruch auf einen Internetzugang haben, hat das OLG Karlsruhe mit Beschluß vom 28.4.2022, Aktenzeichen 2 Ws 55/22, entschieden:
Das Landgericht hat seiner Entscheidung die gefestigte – verfassungsgerichtlich gebilligte (BVerfG NJW 2003, 2447; 2019, 1738; BayVerfGH BayVBl 2016, 227) – obergerichtliche Rechtsprechung zugrunde gelegt, wonach Computer und ähnliche Geräte schon wegen der damit verbundenen Speichermöglichkeiten generell geeignet sind, die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt zu gefährden, ohne dass dem durch Kontrollmaßnahmen der Anstalt hinreichend begegnet werden kann (OLG Koblenz, Beschluss vom 5.2.2014 – 2 Ws 723/13 Vollz, juris; KG Berlin, 5 Ws 171/05 Vollz v. 08.06.2005, juris; KG OLGSt StVollzG § 70 Nr. 13; OLG Dresden FS 2022, 70), was die Versagung des Besitzes gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 2 JVollzGB III BW rechtfertigt, nachdem auch bei insoweit zulässiger generalisierender Bewertung . Insoweit ist es deshalb bereits nicht geboten, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, was gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG zur Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde führt (…)
Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus übergeordnetem Recht. Die Gewährleistungen der Informationsfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und in Art. 10 MRK verpflichten den Gesetzgeber auch unter Berücksichtigung der zunehmenden Bedeutung des Internets für die Informationsgewinnung im Hinblick auf die mit der Möglichkeit zur Nutzung des Internets verbundenen generellen Gefahren für Sicherheit und Ordnung in Haftanstalten nicht, Strafgefangenen Zugang zum Internet zu gewähren (BVerfG, Beschluss vom 15.3.2012 – 2 BvR 2447/11 = BeckRS 2012, 212184; EGMR, Urteile vom 19.1.2016 – 17429/10 Kalda./.Estland und vom 17.7.2017 – 21575/08 Jankovskis./.Litauen).
Dass es aus besonderen Gründen des Einzelfalls der Gewährung eines Internetzugangs zur Erlangung nicht anderweitig zugänglicher Informationen bedarf, auf die der Antragsteller angewiesen ist, kann der Senat ausschließen, nachdem der Antragsteller weder im Antrag auf gerichtliche Entscheidung, dessen Inhalt dem Senat im Hinblick auf die Prüfung von Verfahrensvoraussetzungen zugänglich ist (OLG Hamm, Beschluss vom 20.10.2015 – III-1 Vollz (Ws) 406/15, juris), noch mit der Rechtsbeschwerdebegründung das Vorliegen solcher Umstände behauptet hat.
Die rechtliche Lage ist richtig dargestellt, gleichwohl eine mutlose und rückwärtsgewandte Entscheidung, mit dem typischen Totschlagargument der Sicherheit. Wenn wir möchten, dass unsere Gesellschaft mit den nun einmal existierenden Strafgefangenen eine Zukunft hat, sollte man nicht so tun, als wäre jedes Telefon und jeder Browser ein gravierendes Sicherheitsproblem. Tatsächlich schafft man hier Hemmnisse, die jeglicher Resozialisierung schlicht im Wege stehen.
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