Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29. Oktober 2024 (1 StR 276/24) beschäftigt sich mit der strafrechtlichen Bewertung von Cannabisbesitz in Bezug auf die Freigrenze des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b des Cannabisgesetzes (KCanG). Kernpunkt ist die Frage, ob gleichzeitig an unterschiedlichen Orten aufbewahrte Cannabismengen zusammenzurechnen sind. Der BGH entschied, dass dies für die Bestimmung der Freigrenze notwendig ist.
Sachverhalt
Ein Angeklagter wurde unter anderem wegen des Besitzes von Cannabis in nicht geringer Menge verurteilt. Er hielt an mehreren Orten (Wohnsitzen und Aufenthaltsorten) Cannabismengen vor. Das Landgericht Baden-Baden hatte diese Mengen separat betrachtet und teilweise unterhalb der Freigrenze eingestuft. Auf Revision der Staatsanwaltschaft entschied der BGH, dass die Mengen zusammenzurechnen sind, da sie im Zusammenhang stehen und die Freigrenze überschreiten.
Rechtliche Analyse
Auslegung von § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b KCanG
Der BGH stellte klar, dass für die Bestimmung der Freigrenze des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b KCanG entscheidend ist, ob der Besitz von Cannabis an unterschiedlichen Orten einer einheitlichen Verfügungsmacht unterliegt. Ziel der Regelung sei es, Missbrauch durch die künstliche Aufspaltung von Mengen zu verhindern.
Relevanz der Verfügungsmacht
Nach Ansicht des Gerichts ist es unerheblich, ob die Drogen an verschiedenen Orten gelagert werden, solange der Besitzer jederzeit darauf zugreifen kann. Diese Verfügungsmacht rechtfertigt die Addition der Mengen.
Strafrechtliche Konsequenzen
Die Entscheidung verdeutlicht, dass das Zusammenspiel von Besitz- und Verfügungsgewalt maßgeblich für die Bewertung nach dem KCanG ist. Die Freigrenze, die als Schutzmechanismus für Kleinstmengen gedacht ist, darf nicht durch eine strategische Lagerung an verschiedenen Orten umgangen werden.
Fazit
Das Urteil des BGH bringt Klarheit in die Anwendung des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b KCanG. Es wird deutlich, dass die strafrechtliche Bewertung von Cannabismengen nicht nur von der tatsächlichen Lagerung, sondern vor allem von der Verfügungsgewalt abhängt. Diese Entscheidung stärkt die einheitliche Anwendung des Cannabisgesetzes und erschwert die Umgehung von Strafbarkeitsgrenzen.
Die Quintessenz des Urteils lautet: Mehrere Cannabismengen, die einheitlich verfügbar sind, müssen addiert werden, um die Freigrenze zu bestimmen. Dies ist ein wichtiger Schritt zur weiteren Klärung der Rechtsprechung im Bereich des KCanG – und bietet klare Leitlinien für zukünftige Fälle nach dem Motto „Rumtricksen ist nicht“.
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