Kartenzahlung: Betrug durch Verwendung einer Maestro-Karte

Beim Oberlandesgericht Koblenz (2 Ss 160/12) ging es um die Frage des Betruges durch die Verwendung einer Maestro-Karte. Dabei gibt es zwei denkbare Fallkonstellationen, nämlich einmal die Verwendung durch einen Unberechtigten und dann die Verwendung durch den Berechtigten, der den Kreditrahmen überschreitet. In beiden Fällen, so das OLG, liegt ein vollendeter vor – zu Lasten des Händlers bei dem bezahlt wurde.

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Das Gericht führt insoweit zum Lastschriftverfahren und den zugehörigen Feststellungen aus:

Bei Verwendung einer Maestro-Karte durch den Nichtberechtigten – wie sie hier vorliegt – oder bei einer Kreditrahmenüberschreitung durch den Berechtigten im POZ-System (Point of sales ohne Einlösungsgarantie) bzw. ELV-System (elektronisches Lastschriftverfahren) liegt vollendeter Betrug zu Lasten des Händlers vor (BGHSt 46, 146, 153; BGH NJW 2003, 1404; NStZ 2009, 245; wistra 2009, 107; Beschluss vom 19.10.2011 – 4 StR 409/11; KG, Beschluss vom 29.12.1999 – 1 HEs 244/99, […]; OLG Hamm wistra 2012, 161; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 59, § 263a Rn. 15; Schönke/Schröder/Cramer/Perron, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 30, § 263a Rn. 13). Davon ist die Strafkammer aufgrund der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zutreffend ausgegangen. Anders als im POS-System bzw. electronic cash, einem offiziellen automatisierten Lastschriftverfahren der deutschen Kreditwirtschaft mit Eingabe einer PIN, Online- bzw. Chip-offline-Überprüfung der Karte und Einlösungsgarantie der kartenemittierenden Bank übernimmt die Bank im früheren POZ-System und heutigen individuellen, nicht von der Kreditwirtschaft anerkannten ELV-System des Handels, bei dem am Kassenterminal ein als Einzugsermächtigung geltender Bezahlbeleg generiert und vom Karteninhaber unterschrieben wird (vgl. https://www.kartensicherheit.de/de/pub/oeffentlich/wissenswertes/zahlungsverfahren/national/vergleich_ec_cash_mit_elv.php://), keine Zahlungsgarantie. Da nur die Kartenechtheit überprüft, die Sperrdatei abgefragt und ein vom Kunden zu unterschreibender Lastschriftbeleg ausgedruckt wird, ist eine computerbedingte Vermögensverfügung nicht gegeben (Fischer a.a.O. § 263a Rn. 15). Eine Strafbarkeit nach § 263a StGB kommt deshalb nicht in Betracht.

Die Urteilsfeststellungen belegen, dass die Bezahlvorgänge jeweils im ELV-System abgewickelt wurden. Ausfallersatz kann der Handel nur durch Dritte, insbesondere Netzbetreiber und Dienstleister für Zahlungen mit ec-, Kredit- und Kundenkarten, die auf vertraglicher Grundlage Rücklastschriftforderungen aufkaufen, erlangen. Da solche Leistungen Dritter nicht zu einer unmittelbar – d.h. ohne rechtliche Zwischenschritte – kompensierenden Vermögensmehrung führen (vgl. BGH NStZ 1999, 353, 354 [BGH 04.03.1999 – 5 StR 355/98]; NJW 2011, 1508, 1509; BGHSt 52, 323, 337 f.; Fischer a.a.O. § 263 Rn. 155, s.a. Rn. 111a sowie § 263a Rn. 15 zur hier nicht gegebenen Ausfallgarantie), hindern sie die Schadensentstehung nicht. Da es mithin nicht darauf ankommt, ob solche Ansprüche der Händler entstanden sind, bedurfte es auch keiner entsprechenden Feststellungen durch den Tatrichter.

Interessant sind am Rande die Feststellungen zur Kausalität von und Vermögensverfügung bei dem Kassierer:

Die Strafkammer hat zwar nicht ausdrücklich festgestellt, dass die durch Vorlage der Zahlungskarte und Unterzeichnung der Lastschrift über Identität und Berechtigung zur Verwendung der Karte getäuschten Mitarbeiter der Handelsunternehmen sich auch tatsächlich geirrt und aufgrund dessen die Vermögensverfügung vorgenommen haben. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe sind aber sowohl der Irrtum als auch der Kausalzusammenhang zwischen ihm und der Übergabe der Waren mit noch ausreichender Deutlichkeit zu entnehmen. Näherer Ausführungen zum Vorliegen eines Irrtums des Kassenpersonals, das unabhängig von der Benutzung automatisierter Kassen selbst vor der Übergabe der Ware über die Berechtigung zur Verwendung der Karte getäuscht wurde, bedurfte es nicht (BGHSt 46, 146, 153 f.). Im Blick auf das Risiko des Händlers im elektronischen Lastschriftverfahren verhält es sich vielmehr ebenso wie bei der Hingabe eines ungedeckten Schecks (BGH a.a.O. m.w.N.).

Bei der Frage, ob eine einheitliche Tat trotz mehrerer Vorgänge vorliegt sieht das Gericht übrigens im jeweiligen Tatentschluss eine Zäsurwirkung:

Da der Angeklagte nicht sicher sein konnte, wann der Missbrauch der Zahlungskarte entdeckt und die Karte gesperrt sein würde, ist davon auszugehen, dass er den konkreten Entschluss zur weiteren Verwendung nach jeder Tat neu gefasst hat. Dann aber ist das erneute Gebrauchen jeweils eine weitere, rechtlich selbständige Handlung (BGHSt 5, 291, 293; BGH, Beschluss vom 28.12.1989 – 1 StR 629/89, […]; LK-Zieschang, StGB, 12. Aufl., § 267 Rn. 287 f. m.w.N.; Schönke/Schröder/Cramer/Heine, StGB, 28. Aufl., § 267 Rn. 79b m.w.N.).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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