Zunehmend erscheinen auf der Webseite „Wikileaks“ geheime Unterlagen, die mitunter auch als „VS“, also als Verschlußsache gekennzeichnet sind. Die Frage ist, ob man solche Dokumente (wie etwa den eigentlich geheimen Bericht zum Vorgehen in Afghanistan) verlinken darf – bei der Antwort sollte man vorsichtig sein. Ein einfaches „Ja“ oder „Nein“ ist vielleicht zu schnell.
Auf den ersten Blick bieten sich die §§94ff. StGB („Geheimnisverrrat“) an. Vollkommen zu Recht wird an dieser Stelle darauf verwiesen, dass schon begrifflich kein „Staatsgeheimnis“ vorliegen kann, schliesslich ist es ja auf der entsprechenden Webseite frei zugänglich. Die juristische Literatur sieht das genauso: Die Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse dürfen nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich sein (SK-Rudolphi, §93 StGB, Rn.7). Abzustellen ist letztlich auf die Geheimhaltungsfähigkeit – was einmal öffentlich ist, ist kein Geheimnis mehr (Schönke/Schröder, §93, Rn.8). Die einmal veröffentlichten Dokumente auf der Webseite „Wikileaks“ können insofern kein Staatsgeheimnis sein, der Tatbestand der §§96ff. ist verschlossen.
Nun darf man es sich aber nicht zu einfach machen: „Wikileaks“ kann dennoch zu Problemen führen. Wer mit dem Blick nach oben blind zu „Wikileaks“ verlinkt, begibt sich dennoch in ein gewisses Risiko. Denn bei Wikileaks liegt mehr an Informationen als nur die aktuell diskutierten Dokumente, ich denke da speziell an die offen gelegten Sperrlisten von Webseiten aus dem Ausland.
Schon ein wenig ist in Vergessenheit geraten, dass ein Webmaster auf Grund des Links zu einer Seite, die ihrerseits wiederum zu Wikilekas linkte, mit einer Hausdurchsuchung konfrontiert wurde. Die Angelegenheit liegt dem BVerfG zur Zeit vor. Die letzten Jahre haben leider häufig gezeigt, dass man mit Richtern rechnen muss, die auf Grund von Web-Links einen Verdachtsmoment sehen und hieraus tief in Grundrechte und Alltag einschneidende Ermittlungsmßnahmen begründen. Vor diesem Hintergrund sollte man wissen was man tut, auch wenn es sicherlich keinesfalls eine Massenerscheinung ist, auf Grund von Links Ermittlungsmaßnahmen anzuordnen. Dabei ist zu Bedenken, dass man im Bereitstellen eines Hyperlinks auch in der Literatur durchaus bereit ist, selbst bei einer Kette von Links, bereits im ersten Link eine Beihilfe zu erkennen (LK §184, Rn7a a.E.).
Im Ergebnis: Auf den ersten Blick, speziell nur mit Betrachtung der „Kundus-Affäre“, erscheint es nahe liegend, kein Problem zu sehen. Wenn man aber die – sicherlich zu kritisierende – Haltung von Teilen der juristischen Literatur miteinbezieht, bedenkt was bei Wikileaks noch so lagert und wie schnell mancher Richter mit Ermittlungsmaßnahmen ist, möchte ich für meinen Teil zur Vorsicht raten. Zumindest sollte man das Thema meines Erachtens nicht zu unbekümmert angehen.
- Bedeutung der Beweisaufnahme im Lichte rechtlichen Gehörs - 25. April 2024
- Schadenersatzanspruch nach Hinweisgeberschutzgesetz: Wann ist der Arbeitnehmer auch Hinweisgeber? - 24. April 2024
- Whatsapp-Verwertungsverbot im Kündigungsschutzprozess - 24. April 2024