DE-Mail – Referentenentwurf öffentlich

Bei Netzpolitik.org findet sich ein erster Gesetzesentwurf hinsichtlich der „DE-Mail“, dem geplanten „sicheren“ Mail-Postfach. Ich habe den Referentenentwurf erst einmal mit einem besonderen Blick gelesen, weniger mit Blick auf technische Fragen: Mit Interesse beachte ich das DE-Mail-Konzept hinsichtlich des Zugangs von Verwaltungsschreiben. Gar nicht selten wird nämlich im Rahmen von Fristen darüber gestritten, wann etwas zugestellt wurde, gerade „kleinere“ Verwaltungsschreiben kommen ja nicht mit Postzustellurkunde.

Der Gesetzentwurf zu „DE-Mail“ ist insofern schon interessant, da im §5 vorgesehen ist, dass der Diensteanbieter dem Sender eine Bestätigung zur Verfügung zu stellen hat über den Zugang (Posteingang) eines Schreibens und über die Abholung eines Schreibens. Im Verwaltungsrecht – man sollte hier das Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes und die entsprechenden Gesetze der Länder kennen – ist es grundsätzlich so, dass bei normalen Briefen der Brief am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt gilt (§4 II 2 VwZG Bund). Insofern war ich gespannt, welchen Weg man bei „DE-Mail“ geht. Und in der Tat: Am Ende findet sich auch eine Änderung des VwZG des Bundes.

Hier wird ein neuer §5a VwZG Bund eingefügt, der dann im Absatz 5 normiert:

Ein elektronisches Dokument gilt in den Fällen des § 5 Absatz 5 Satz 2 am dritten Tag nach der Absendung an das De-Mail-Postfach des Empfängers als seines hierfür eröffneten Zuganges als zugestellt, wenn der Behörde nicht spätestens an diesem Tag eine elektronische Abholbestätigung nach § 5 Absatz 9 des De-Mail-Gesetzes zugeht.

Ich verstehe das zur Zeit so, dass ein behördliches Schreiben mittels DE-Mail als dem Empfänger zugegangen gilt, spätestens 3 Tage, nachdem eine Posteingangsmitteilung erzeugt wurde. Damit muss sich – aber das ist ohnehin nur eine Frage der Zeit – jeder der ein solches Postfach nutzt, darüber im Klaren sein, dass ihn auf diesem Weg verbindlich behördliche Schreiben erreichen können (zur Zeit nur des Bundes, sicherlich bald auch aller Länder) und Fristen ausgelöst werden. Man wird also, wenn man ein solches Postfach einrichtet (eine Pflicht gibt es noch nicht), auch zwingend regelmäßig hineinsehen müssen. Verschärft wird die Thematik dadurch, dass §7 des DE-Mail-Gesetzes die Möglichkeit vorsieht, Verzeichnisse anzulegen, in denen Nutzer aufgeführt sind. Zwar nur auf ausdrücklichen Wunsch des jeweiligen Nutzers, allerdings ist die Ausnahme, unter der der Anbieter zwingend die Zustimmung verlangen darf, sehr „weich“ formuliert.

Am Rande der Hinweis: Das Gesetz sieht vor, dass auch das BGB geändert wird. Im neuen §312e BGB soll stehen, dass Unternehmer, die den DE-Mail-Dienst nutzen, diesen auch ihren Kunden als Kommunikationsweg anbieten müssen – und die Kommunikation in diesem Bereich nicht ausschließen dürfen.

Das Thema DE-Mail wird (natürlich) viele neue Fragen beim Zugang von Dokumenten aufwerfen, so wie seinerzeit das Einschreibe-Verfahren der Post. Man sollte das nicht als Kritik am System verstehen, wohl aber muss man das System mit Blick auf die Lebenswirklichkeit im Auge haben. Der Anspruch, „ständig verfügbar“ zu sein, wird in den nächsten Jahren weiter steigen – das De-Mail-System, das z.B. ein Verbot der Zustellung an Sonntagen nicht einmal andenkt, ist ganz offensichtlich von dem Gedanken „ständiger Erreichbarkeit“ geprägt. Auf der anderen Seite wird sich die Möglichkeit eröffnen, schon bald bundesweit Fristen auch wirklich bis 1 Minute vor Mitternacht des jeweiligen Tages nutzen zu können. Technisch wird es schwierig werden, wenn eine Zugangsbestätigung den Zugang einer behördlichen Mail fingiert – aber tatsächlich ein technischer Fehler vorliegt. Der Betroffene wird hier vielleicht erhebliche Beweisprobleme haben.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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