Ein kurzer Hinweis auf ein juristisch ganz grosses Popcorn-Kino: Der stellvertretende (!) Bundespressesprecher der Piratenpartei möchte abmahnen: Nämlich jemanden aus der Partei, der einen politischen Flyer erstellt hat, der sich einem politischen Thema (Nuklearenergie und „Atommüll“) widmet und dabei vermeintlich suggerieren soll, im Namen der Piratenpartei zu handeln.
Die Sache wird wahrscheinlich noch hässlich werden: Die laut Spiegel plötzlich so „uncoole Piratenpartei“ steht damit erneut negativ im medialen Fokus. Alleine unter dem Aspekt hat der stellvertretende Bundespressesprecher, der gerade vor dem Hintergrund einer modernen Partei etwas vom Streisand Effekt gehört haben sollte, seiner Partei einen Bärendienst erwiesen.
Aus juristischer Sicht ist es für mich aber geradezu abstrus, dass der Stellvertreter eines Bundespostens namens der gesamten Partei eine Abmahnung ausspricht – die Frage der Aktivlegitimation wird hier schon erhebliche Schwierigkeiten aufwerfen und kann zu empfindlichen Folgekosten führen. Übrigens nicht nur gegenüber dem vielleicht zu unrecht abgemahnten sondern auch gegenüber der Piratenpartei, die wohl durch den Vorstand vertreten werden wird. Ich bin gespannt, wie sich dies bei genauer Betrachtung darstellen wird, also ob der stellvertretende Bundessprecher die Bevollmächtigung erhalten hat, (ggfs. sogar ohne Rücksprache?) Namens „der Piratenpartei“ abzumahnen.
Update: Piratenpartei stellt klar, dass das mit der Aktivlegitimation definitiv ein Problem war. Mal sehen was nun noch kommt, der hier „Abmahnende“ handelte nun offensichtlich ohne Vollmacht, damit ohne Anspruch. Wie ursprünglich geschrieben: Das kann noch häßlich werden.
Neben der m.E. enormen Problematik der Aktivlegitimation bleibt die Frage, ob hier tatsächlich durch den Flyer (hier Seite 1, hier Seite 2) suggeriert wird, dass dahinter „die Piratenpartei“ steht, also eine Verwechslungsgefahr erkannt werden kann. Dies erscheint nicht zuletzt fraglich, da ausdrücklich eine „AG der Piratenpartei“ agiert und für mich nichts anderes herauszulesen ist. Auch sonst sind keine Logos zu erkennen, die durch Ihre Platzierung eine andere Wahrnehmung nahe legen – ich als unbefangener Beobachter musste überhaupt nach Kenntnisnahme der Abmahnung erst mal eindringlich suchen, wie man überhaupt den Bezug zur Piratenpartei konstruiert.
Im Ergebnis eine nicht nur fragwürdige sondern hochgradig kritische Aktion, die sicherlich Konsequenzen für den „Abmahner“ nach sich ziehen wird. Die öffentliche Diskussion zum Thema wird ohnehin noch folgen, im Piratenpartei-Wiki läuft sie natürlich schon. Für mich derzeit ein gutes Beispiel, warum man als „Abmahner“ immer erst juristischen Rat einholt, bevor man zu Handeln anfängt. Was verbleibt ist ein peinlicher Nachgeschmack einer weder juristisch noch politisch ernst zu nehmenden Aktion.
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