Urteil: Filesharing Abmahnung kann vollkommen unbrauchbar sein – und damit keine Kosten auslösen

Ende des Jahres 2011 hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf (I-20 W 132/11) den legendären Satz gesprochen:

Dies kann jedoch vorliegend dahinstehen, da eine , die den Verstoß nicht erkennen lässt und auch den bereitwilligsten Schuldner nicht in die Lage versetzt, eine wirksame Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, eine völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung darstellt.

Es ging seinerzeit um eine Filesharing-Abmahnung, bei der am Ende nicht einmal die konkreten Werke klar waren, um die es ging – und die vorformulierte sich dann auch nur allgemein auf „das Musikrepertoire“ des Rechteinhabers bezog.

Diese Rechtsprechung hat das Amtsgericht Düsseldorf im Juni 2014 in zwei Entscheidungen (AG Düsseldorf, 57 C 16103/12 und 57 C 3122/13) aufgegriffen und die Erstattung der Anwaltskosten für die Aussprache der Abmahnung zurückgewiesen. Das Amtsgericht insoweit:

Von einer Privatperson als Empfänger einer Abmahnung kann nicht erwartet werden, dass diese selbstständig die in der Abmahnung formulierte Unterlassungsaufforderung bei Abgabe der Unterlassungserklärung dahingehend einschränkt, dass diese auf ein bestimmtes Werk bezogen wird. Auch wenn dies im Einzelfall so sein mag, dient die Formulierung der Standardabmahnung nebst Beigabe der wortgleichen Unterlassungserklärung ersichtlich dem Zweck, den Empfänger zu veranlassen, die vorformulierte gemäß §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB jedoch unwirksame Unterlassungserklärung abzugeben. Dies genügt im Hinblick auf die damit verbundene Gefährdung des Ziels, außergerichtlich eine wirksame Unterlassungserklärung zu erhalten, für die Annahme einer unbrauchbaren anwaltlichen Dienstleistung. In einem gedachten Prozess zwischen Auftraggeber und abmahnendem Rechtsanwalt würde daher auch für jede so formulierte Abmahnung nebst Unterlassungserklärung der Vergütungsanspruch unabhängig davon entfallen, wie die Empfängerseite sich konkret auf die Abmahnung hin verhalten hat.


Anmerkung: Diese Rechtsprechung mag viele Freunde finden, gleichwohl ist sie durchaus kritisch zu sehen. So gibt es bereits gar nicht die Pflicht, überhaupt eine vorformulierte Unterlassungserklärung beizufügen, denn Sinn der Abmahnung ist es den Rechtsverletzer auf den Rechtsverstoss hinzuweisen und ihm die Gelegenheit zur aussergerichtlichen Beilegung zu bieten – nicht ihm auch noch händchenhaltend dabei behilflich zu sein. Dieser Gedanke findet sich auch im inzwischen reformierten §97a II UrhG, der weder eine vorformulierte Unterlassungserklärung zwingend vorsieht, noch eine zu weite Unterlassungserklärung gänzlich untersagt. Auch das Landgericht Köln (28 O 688/09) hatte insoweit schon früher richtig festgestellt:

Auch die Tatsache, dass der Abmahnung keine vorgefertigte Unterlassungserklärung beigefügt war und lediglich die Abgabe einer „geeigneten“ Unterlassungserklärung gefordert wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar muss die Abmahnung dem Schuldner den Weg weisen, wie er sich zu verhalten hat, damit ein Prozess vermieden wird und der Gläubiger muss den Schuldner daher zur Abgabe einer Unterwerfungserklärung, also einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, auffordern. Nicht erforderlich ist es, dass der Gläubiger dem Schuldner mit der Abmahnung die abzugebende Erklärung bereits zuschickt (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köh-ler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Auflage, UWG § 12 Rn. 1.16). Derartiges hat auch der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten nicht verlangt.

Die Düsseldorfer Rechtsprechung ist an diesem Punkt damit zwar angenehm, letztlich aber rechtlich durchaus fragwürdig.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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